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Erstes Treffen im Sinne der freundlichen Amtsübergabe - Ioan Holender und Dominique Meyer am Mittwoch in der Staatsoper

Foto: APA/ Roland Schlager

Das Haus ist eines mit Tradition: Von Malern, Glasdesignern und Architekten gemeinsam erdacht, wurde das TCE 1913 mit Benvenuto Cellini von Berlioz unter Felix Weingartner eröffnet, und Dirigenten wie Arturo Toscanini, Bruno Walter und Karl Böhm dirigierten darin. Das Haus wurde privat als GmbH verwaltet, erhielt nie Subventionen.

Das Gebäude enthält noch zwei Theatersäle, die "Comédie des Champs-Elysées" und das "Studio", sowie den Auktionssaal Drouot-Montaigne und - seit den 1990er-Jahren - ein auf das Dach des Hauses gesetztes Restaurant. Das gesamte Gebäude gehört seit den 1970er-Jahren der Caisse des Dépôts. Während der Intendanz von Dominique Meyer folgten mehrere Renovierungsprogramme in den Sommermonaten.

Wenn man Ende der 1980er-Jahre den damaligen Direktor Georges-François Hirsch in seinem Büro besuchte, staunte man über dessen imperiale Ausmaße. Meyers Büro ist hingegen klein, aber in unmittelbarer Nähe zu seinen engsten Mitarbeiterinnen. Im nur 42 fix Angestellte umfassenden Team des weiterhin privat geführten Opern- und Konzerthauses fällt die Anzahl der Frauennamen auf.

Der Ton ist herzlich, sachlich, jeder hat seinen Aufgabenbereich. Wobei mit der 35 Stunden-Woche, die oft an drei Tagen abgearbeitet wird, jongliert werden muss. Ohne das Frankreich-spezifische System der zeitbedingten Bühnenarbeiter und Künstler - der "Intermittents", die nur dann bezahlt werden, wenn sie arbeiten -, konzediert Meyer, "könnten wir nur eine Oper jährlich produzieren". Nicht vier, wie 2007/08. Denn inklusive Musiker, Sänger, Chor, Bühnentechnik usw. schnellt die Zahl der Beschäftigten bis auf 150 pro Abend an.

Darauf angesprochen, warum er bei der Umstrukturierung der Pariser Staatsoper, für die er (1989 bis Dezember 1990) als Generaldirektor verantwortlich war, die fix angestellten Technikerteams auflöste, antwortet Meyer, dass zwei Teams pro Tag morgens und am späten Nachmittag in die Oper kamen, egal, ob es Arbeit für sie gab oder nicht.

"Heute kommen sie, wenn man sie braucht", fügt er hinzu, der aber - zumindestens in den beiden Häusern der Pariser Staatsoper (Palais Garnier und Bastille-Oper) - die Platzanweiserinnen und das Garderobepersonal fix anstellte, das jedoch, wie in jedem Pariser Privattheater, im TCE nach wie vor nur Trinkgelder erhält.

Das TCE bekommt jährlich von der Caisse des Dépôts fünf Millionen Euro, wovon jedoch eine Million für die Miete wieder zurückfließt. Der Rest des Budgets von 13 bis 14 Millionen Euro wird vom Kartenverkauf und Mäzenen bestritten. Zum Vergleich: Das Châtelet hat ein Budget von 29 Millionen Euro, die Pariser Staatsoper alleine eine Subvention von mehr als 100 Millionen Euro.

Früher wurden nur eingekaufte Produktionen geboten, was Meyer zusehends abschaffte. Dazu ging er eine Partnerschaft mit dem Orchestre National de France (von Radio France) ein. Dieses Orchester bestreitet z. B. heute unter Bernard Haitink die Premiere von Debussy, Pelléas et Mélisande, mit Magdalena Kozená. Wie man nach der Generalprobe sagen kann: der Opernglanzpunkt dieser Saison. Neben Barockopernproduktionen, darunter Händels Ariodante als Koproduktion mit dem Theater an der Wien, setzt Meyer auf konzertante Opern und Oratorien, mit denen er den 1950 Plätze umfassenden Saal leicht voll auslastet. Es gibt 200 Vorstellungen pro Saison, die Konzertabende, insbesondere mit den Wiener Philharmonikern (Karten: bis zu 160 Euro), die seit 15 Jahren kommen, gehören zu den Höhepunkten.

Meyer war gestern in Wien, traf Ioan Holender zu ersten Übergabegesprächen. Heute ist er hingegen wieder weg, um in Paris der Pelléas-Premiere beizuwohnen. Freitag trifft er aber Franz Welser-Möst in Wien. Bis 2010 wird dieses Pendeln wohl weitergehen ... (Olga Grimm-Weissert aus Paris / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.6.2007)