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Eine Ansicht des Spielplatz jenes Gemeindebaus in Wien-Favoriten, der Schauplatz eines Schussattentats auf einen Buben war.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER
Wien - Eine fast unheimliche Stille herrscht Dienstagvormittag im idyllischen Hof des 20er-Jahre-Gemeindebaus in der Quellenstraße 24a in Wien-Favoriten. Es duftet nach Blumen, und Vögel zwitschern in den dichten Bäumen rund um den Spielplatz, der inmitten des Hofs auf einem Sockel thront.

Hier wurde am Montag gegen 19 Uhr der achtjährige Hamza von einem Projektil aus einem Luftdruckgewehr getroffen und an der Brust leicht verletzt. Am Dienstag, wenige Stunden bevor die Polizei einen Verdächtigen festnimmt, wird vermutet, dass der Lärm der spielenden Kinder Auslöser für die Tat war. "Die Kinder sind immer so laut. Und frech sind sie", ärgert sich ein älteres Paar. "Trotzdem: So was darf man nicht machen."

Verbotenes Stahlrohr

Hinweise bekamen die Ermittler hauptsächlich in Form von Vernaderungen. Noch am Tatabend wurde die Wohnung eines Mannes aufgebrochen, der den Anrainern zufolge "seltsam" war. Darin fand sich zwar nicht die Tatwaffe, aber ein (verbotenes) Teleskop-Stahlrohr. Einige Mieter der elf Stiegen umfassenden Wohnanlage vermuteten Ausländerhass als Motiv. "So wie sich die Ausländer benehmen, das ist schlimm", meint Friseurin Katharina. Bewohner würden von türkischen Kindern beschimpft, Feste bis spät in die Nacht den Mietern den Schlaf rauben. Andere Bewohner berichten, dass es bereits mehrere Schussattentate gegeben habe: Ein junger Mann spricht von einem Schuss auf eine Taube, eine Frau türkischer Herkunft von insgesamt vier Fällen.

Sie sollte Recht behalten: Vor wenigen Wochen erlitt ein Zwölfjähriger einen Streifschuss an der Hand, am 30. Mai wurde ein achtjähriges Mädchen im Bereich der Schläfe getroffen. Am 9. Juni soll der mutmaßliche Täter beim Streit ums Bierholen einem "Freund" in den Rücken geschossen haben. Und am 11. Juni schließlich der Schuss auf Hamza. Der entscheidende Hinweis kam von dem vorgeblichen "Freund", der selbst mittels Haftbefehl gesucht wurde. Festgenommen wurde der 26-jährige Gerald W., der wegen Eigentums- und Suchtgiftdelikten mehrfach vorbestraft ist. Als Motiv gab der offenbar Suchtkranke schlicht an: "Weil i an Poscher hob." Er habe sich "gefreut", als er das Mädchen von seiner Wohnung im 2. Stock aus getroffen habe. Und es weinend weggelaufen sei.

"Nicht zur Tagesordnung übergehen"

Anzeigen hat es in keinem der Fälle gegeben. "Das ist eigentlich nichts Außergewöhnliches", hatte ein Elternteil den Kriminalisten gesagt. Auch am Montag wurde die Polizei nur eingeschaltet, weil ein Auflauf entstanden war. "Das gibt einem zu denken", zeigte sich der amtsführende Wiener Landespolizeikommandant Karl Mahrer betroffen. "Der Mix aus älteren Menschen, Familien ausländischer Herkunft und sozialen Randgruppen wie Alkohol- und Drogenabhängigen ist nicht unproblematisch." Es habe in der Wohnanlage bereits mehrere Schlichtungsgespräche gegeben, nun werde der Kontakt zwischen Polizei, Wiener Wohnen und den Bewohnern intensiviert. "Wir wollen nicht zur Tagesordnung übergehen." (Karin Krichmayr, DER STANDARD Printausgabe, 13.6.2007)