Für die Sänger Matej Svec (10) und Stefan Harrigan (11, von links) steht fest: Fußball ist das Internatshighlight.

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Tatsächlich versuchen sie den Spagat zwischen den Welttourneen, ihren Gesangsproben und gefüllten Lehrplänen zu meistern.

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Wien - Von überall her sind Stimmen zu hören: Der Unterricht der Wiener Sängerknaben hat begonnen. Zwei Stunden am Tag umfasst die Gesangsprobe. Daneben müssen die Zehn- bis 14-jährigen auch den Alltag des hausinternen Realgymnasiums im Augartenpalais meistern.

"Da auch während des Schuljahres Tourneen sind, müssen wir den Kernstoff kompakt vermitteln", erklärt Schuldirektor Markus Blauensteiner. "Wir verzichten daher auf Semesterferien oder Fenstertage." Von den hundert aktiven Sängerknaben kommt ein Sechstel aus dem Ausland. Stefan Harrigan (11) aus den USA profitierte von der Einzelbetreuung und lernte rasch Deutsch zu sprechen. "Um dies zu ermöglichen, unterrichtet jeder Lehrer nur 45 Minuten", erklärt Blauensteiner.

Interessenten besuchen in der Regel zumindest das letzte Volksschuljahr im Augartenpalais, um sich an das Internatsleben zu gewöhnen - als Vorbereitung darauf dient das Sommercamp in Sekirn, dieses Jahr von 9. bis 28. Juli.

"Es ist wichtig, dass die Knaben das Internat mit der Möglichkeit, ihre Eltern jedes Wochenende zu sehen, erleben", betont der Internatsleiter Peter Oberndorfer. Zeit für Heimweh bleibt den Sängerknaben kaum. Von einer Kletterwand über ein Hallenbad, Tischfußball und einer Playstation mit Karaokefunktion, ist alles in dem vor Kurzem renovierten Gebäude vorhanden. Doch das Wichtigste, da sind sich alle einig, sind die zwei im Garten vorhandenen Fußballplätze.

Auch Matej Svec (10) erklärt Fußball zu seinem Hobby und zum Highlight des Internatlebens. So wird der Fernsehraum von den Knaben kaum genutzt. "Aber das Champions-League-Finale haben alle auf der großen Leinwand gesehen", betont Oberndorfer.

Konzert mit Pélé

Man merkt die Fußballbegeisterung, wenn Stefan mit funkelnden Augen von dem Konzert berichtet, bei dem Pélé zugehört hat. Tourneen gehören von Anfang an zum Schulalltag. Nervosität gebe es dabei keine, betont Gerald Wirth, der musikalische Leiter. "Aber vor dem ersten Solo kann es zu Aufregung kommen. Wir erklären, dass auch ein Fehler kein Problem ist."

Anders als bei den Schubert Sängerknaben, werden keine Mädchen aufgenommen. "Da sie in der Entwicklung rascher voranschreiten, würden Mädchen die Knaben dazu bringen, ihren Entwicklungsvorsprung krampfhaft ausgleichen zu wollen. Dadurch legen sie ihr kindliches Verhalten schneller ab", weist Blauensteiner auf die Vorteile einer reinen Bubenschule hin.

Für Wirth stehen musikalische Aspekte im Vordergrund: "Knaben verfügen über eine klarere Stimme. Außerdem würden sich Knaben dieser Altersstufe in keinen gemischten Chor trauen." Auch ohne Mädchen zählen nur die wenigsten der Gymnasiasten Sänger zu ihrem Traumberuf.

Ihre Wünsche ähneln anderen in ihrem Alter. Für Stefan wäre Koch oder Architekt der Traumberuf. Auch Matej hat ehrgeizige Ziele: "Ich will Pilot werden." (Katharina Holub Katrin Krampl/DER STANDARD Printausgabe, 5. Juni 2007)