Es ist nicht grundsätzlich Mord: Tötet eine Mutter ihr Neugeborenes während der Geburt oder solange sie noch unter der Einwirkung des Geburtsvorganges steht, sieht das österreichische Recht eine Ausnahmeregelung vor. Die "Tötung eines Kindes bei der Geburts" ist mit Haft zwischen einem und fünf Jahren bedroht - und das Verbrechen verjährt, anders als Mord.

Eines der jüngsten Urteile in so einem Fall wurde im vergangenen Jänner über eine 18-jährige Burgenländerin gesprochen. Die junge Frau und ihr Freund hatten keine Kinder gewollt, dennoch wurde sie schwanger. Die Frau brachte das Kind heimlich zur Welt und schleuderte das Neugeborene mit dem Kopf gegen eine Wand. Sie wurde zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt.

Großes Aufsehen erregte der Fund von vier Babyleichen in einer Tiefkühltruhe und in zubetonierten Kübeln in einem Anwesen nahe von Graz im Sommer 2005. Die heute 33-jährige Frau hatte zwischen 2001 und 2004 vier lebensfähige Kinder zur Welt gebracht und umgebracht - sie war sicher, ihr Lebensgefährte würde kein Kind wünschen. Sie wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Geschworenen gestanden ihr nur bei der ersten Geburt zu, in einer psychischen Ausnahmesituation gewesen zu sein, die weiteren Tötungen wurden als Mord qualifiziert.

Differenzierte Sichtweise

Differenziert urteilten die Gerichte auch im Fall einer Tirolerin, die innerhalb eines Jahres zwei Kinder geboren und umgebracht hat. Im Juli 2001 ertränkte sie einen lebensfähigen Buben im Chiemsee, im Juli 2002 fanden Polizeibeamte zufällig die Leiche eines weiteren Neugeborenen in der Wohnung der Frau. Ihr wurde zwar zugebilligt, in einer Ausnahmesituation gehandelt zu haben, da zwischen den beiden Verbrechen aber eben nur ein Jahr lag, setzte der Oberste Gerichtshof die Strafe hinauf. Die Haftstrafe wurde auf viereinhalb Jahre erhöht, die Frau wurde in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Viereinhalb Jahre Haft lautete das Urteil auch für eine Wienerin, die 1987, 1992 und 1994 Kinder zur Welt gebracht und getötet hat. Sie hatte die Säuglinge erwürgt. (red/DER STANDARD-Printausgabe, 04.06.2007)