Seine Wahl ohne weibliche Konkurrenz "beunruhigt" Bischof Bünker.

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Warum den neuen evangelischen Bischof Michael Bünker die Asylpolitik schmerzt, was Luther mit Fantasy-Helden eint, und wieso seine Kirche Frauenprobleme hat verrät er Markus Rohrhofer.

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STANDARD: Sie sind bekennender Fantasy-Fan. Sehen Sie Parallelen zwischen Perry Rhodan und Martin Luther?

Bünker (lacht): Im Entdecken neuer Welten gibt es sicher Gemeinsamkeiten. Obwohl man sagen muss, dass Luther auf die Entdeckungen seines Zeitalters überhaupt nicht eingeht. Er hat aber dafür eine andere neue Welt entdeckt, nämlich die der Mündigkeit des Einzelnen. Gepaart mit einer unantastbaren Würde. Das gilt sicher auch für die Helden von Perry Rhodan.

STANDARD: Sie haben sich für eine "offene und reformbereite" Kirche ausgesprochen. Wo orten Sie einen Reformbedarf?

Bünker: Die Kirche ist immer zu reformieren. Konkreten Reformbedarf bei uns sehe ich, dass wir einen größeren, mutigen Schritt nach außen tun müssen.

STANDARD: Ist nicht letztlich der Schritt nach außen eine Reaktion auf den Gläubigen-Schwund?

Bünker: Natürlich waren wir wie viele andere Kirchen auch in den letzten Jahrzehnten gewöhnt, dass der Nachwuchs wie von selber kommt. Heute stehen wir vor dem Problem, dass es aus gesellschaftlichen Gründen diese Automatik nicht mehr gibt. Dennoch hat der Glaube heute eine große gesellschaftliche Relevanz. Wir bewegen uns auf die Weltrisikogesellschaft zu und für den Einzelnen wird die Unsicherheit größer. Kirche vermittelt da die Botschaft einer letzten Gewissheit.

STANDARD: Sie haben sich als "politischer Bischof" deklariert. Wie politisch darf Kirche sein?

Bünker: Es geht nicht darum, wie politisch darf, sondern wie politisch muss Kirche in grundsätzlichen Fragen der Politik sein. Die Kirche darf bei Entwicklungen in einer Gesellschaft, die ihren Grundwerten zuwiderlaufen, nicht schweigen. Die Kirche muss stets eine mahnende Stimme sein.

STANDARD: Wenig Positives können Sie etwa der aktuellen Zuwanderungspolitik abgewinnen. Wo liegen da konkret die Probleme?

Bünker: Es ist erschreckend, wie bürokratisch und abweisend sich Österreich international präsentiert. Das ist eine schmerzliche Sache. Die Asylverfahren sind viel zu lange und durch die Verschärfung der Gesetze ist viel zu schnell die Schubhaft bei der Hand. Österreich braucht eine geordnete Zuwanderung, was wir derzeit haben, ist eine undifferenzierte Abweisung und Abschiebung. Da muss rasch eine ganz grundlegende Korrektur passieren.

STANDARD: Sie gelten als Mann der scharfen Töne und streitbarer Geist. Wird Ihnen die Umstellung hin zu bischöflicher Sanftmut schwer fallen?

Bünker: Es kann gerne auch weiterhin eine gewisse Kantigkeit geben und ich habe keine Scheu vor Konflikten. Das ist auch evangelisches Profil. Auch wenn es für Österreich als Land der Harmonie manchmal ungewöhnlich wirkt.

STANDARD: Sie treten sehr vehement für eine völlige rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften ein. Welche Akzente werden Sie da als Bischof setzten?

Bünker: Für eine öffentliche Segnung oder eine Art Trauung gibt es in der evangelisch-lutherischen Kirche derzeit keinen Konsens. Allerdings treten wir schon seit Längerem dafür ein, dass es nicht hinzunehmen ist, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bei sozialen und politischen Rechten nicht gleichgestellt sein sollen.

STANDARD: Erstaunlicherweise haben sich alle vier nominierten Bischofs-Kandidatinnen am 1. Juni nicht der Wahl gestellt. Hat die evangelische Kirche ein Frauenproblem?

Bünker : Wenn fast die Hälfte der Nominierten Frauen sind, letztlich aber keine kandidiert, ist das ein Zustand, der uns sicher beunruhigen sollte. Das formale Zulassen scheint offensichtlich nicht zu genügen und es wird wohl eine ganz bewusste Frauenförderung in der evangelischen Kirche brauchen. (DER STANDARD, Printausgabe, 4. Juni 2007)