Der Mai war ein schlimmer Monat im Irak – die Opferzahlen bei Zivilisten und US-Soldaten haben neue Höhen erreicht. Die USA versichern, dass man noch kein definitives Urteil darüber fällen kann, ob der „surge“, die Truppenerhöhung, funktioniert oder nicht: Der Truppenhöchststand von 160.000 Soldaten wird erst im Juni erreicht werden, und die Strategien sind teilweise langfristig. Aber momentan sieht es nicht gut aus. Im September will General Petraeus einen Bericht über die Lage im Irak vorlegen, dem laut Präsident George Bush eine Neubewertung der zukünftigen Strategien folgen soll.

Aber selbstverständlich werden hinter verschlossenen Türen jetzt schon die Szenarien durchgespielt. Bushs Argument, dass die Bekanntgabe eines Abzugstermins ein Geschenk für die Aufständischen ist, kann man etwas abgewinnen. Vielleicht ist das öffentliche Sinnieren über eine US-Truppenstationierung im Irak nach südkoreanischem Modell, in das Verteidigungsminister Robert Gates – der alles andere als ein Dampfplauderer ist – soeben während eines Besuchs auf Hawaii verfallen ist, als Gegenstrategie zu verstehen.

Aber auch dieser Vorschlag bringt Kollateralschäden mit sich. Diejenigen, die schon immer gewusst haben, dass die USA im Irak einmarschiert sind, um dort zu bleiben, fühlen sich bestätigt. Dabei werden Studien, die sich mit der Frage beschäftigen, welche US-Militärstützpunkte im Irak zu permanenten Basen umgewandelt werden könnten, üblicherweise mit dem Hinweis beantwortet, dass der US-Kongress für das Budgetjahr 2007 ausdrücklich kein Geld für die Vorbereitung einer langfristigen Präsenz im Irak bewilligt hat. Gates scheint sich darüber keine Sorgen zu machen, nicht einmal angesichts des neuen, demokratisch dominierten Kongresses. Das stärkt die von Experten geäußerte Ansicht, dass die USA die Vorarbeiten für ihre permanente Präsenz im Irak bereits weit gehend abgeschlossen haben. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 02.06.2007)