Am Montagvormittag mit der U-Bahn vom Westbahnhof in die Herrengasse gefahren, als plötzlich zwei Touristen – Mann und Frau um die Vierzig - mit mehreren monströsen Koffern in den vollbesetzten Waggon drängen. Hektische Bewegung kommt in die Passagiere, Kofferkanten stoßen gegen Schienbeine, es wird gepufft, geschoben, geschimpft.

In diesen drangvollen und gereizten Momenten wurde dem Chronisten wieder einmal klar, weshalb der Koffer ein Schimpfwort ist. Dabei wissen wir als etymologisch gebildete Menschen vielleicht ja sogar, dass dieser eine "Koffer" sprachgeschichtlich gar nicht vom Behältnis herrührt. Es gibt den Koffer in der Bedeutung "Kiste, Truhe", und der wurde im 14. Jahrhundert aus französisch "coffre" (Lade, Koffer) entlehnt, das seinerseits wieder aus dem lateinischen "cophinus" (Weidenkorb) stammt (Kluge, Etymologisches Wörterbuch). Der andere Koffer, der Depp, der Idiot, der ungeschlachte, unzivilisierte Mensch soll dagegen ja vom arabischen "Kafir" (für: Ungläubiger) herkommen (cf. http://de.wikipedia.org/wiki/Kufr)

Ich habe schon bei anderer Gelegenheit darauf hingewiesen, dass sich der Koffer auch im Französischen geringer Wertschätzung erfreut. Dort heißt es nämlich von einer idiotischen Angelegenheit oder einer idiotischen Person, sie sei "con comme une valise", idiotisch wie ein Koffer. Eine Variante dieser Redewendung lautet "con comme une valise sans manche", also idiotisch wie ein Koffer ohne Griff, was besonders treffend erscheint, als ja ein Koffer ohne Griff noch um einiges idiotischer ist als ein Koffer mit Griff. Ich für meinen Teil war jedenfalls glücklich, dass die eingangs erwähnten Touristen nicht auch noch mit grifflosen Koffern in die U-Bahn drängten. Sein Unwesen treibt der "Koffer" auch als Synonym für den Darmwind ("einen Koffer abstellen"), und "herumkoffern" bedeutet, scheint mir, soviel wie "planlos herumfuhrwerken". Für die Bekanntgabe von sonstigen Assoziationen, die die geschätzten Leser zum Wort "Koffer" mit sich herumtragen mögen, bin ich natürlich dankbar.