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Meng Zhaoping zeigt ein Foto ihres hingerichteten Sohnes während eines Besuches in der Provinz Xi'an. Meng glaubt, dass ihrem Sohn nach der Exekution 2005 Organe entnommen wurden.

Foto: AP/ Audra Ang
Xi'an - "Es gibt einen ganz klaren Bedarf und wo es einen Bedarf gibt, gibt es auch ein Angebot", sagt Henk Bekedam, Leiter der chinesischen Niederlassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nicht nur reiche Chinesen, sondern auch Ausländer sind bereit, für ein Organ Hunderttausende von Dollar zu zahlen. Zwischenhändler bieten an, Transplantationen innerhalb weniger Wochen zu arrangieren. Im Westen gibt es hingegen häufig Wartezeiten von mehreren Monaten. Gebraucht werden vor allem Nieren, Leber und Hornhaut.

Seine Leiche hat sie nie gesehen

Meng Zhaoping versuchte einen Termin beim Provinzgericht zu bekommen. Die 53-Jährige will dort Antworten auf zwei Fragen bekommen: Wieso wurde ihr Sohn hingerichtet? Und: Was geschah mit seiner Leiche? Nach einer tödlichen Prügelei wurde Wu Zhenjiang zum Tod verurteilt, Meng vermutet, dass ihm nach der Hinrichtung Organe entnommen und transplantiert wurden. Seine Leiche hat sie nie gesehen. Menschenrechtsorganisationen gehen seit längerem davon aus, dass es in China einen florierenden Handel mit Organen gibt.

Kaum freiwillige Spenden

Der Bedarf an Organspenden ist in der Volksrepublik enorm, da es kaum freiwillige Spender gibt. Schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen warten in China jedes Jahr auf ein Spenderorgan, aber nur 10.000 Transplantationen werden jährlich durchgeführt. Nach konfuzianischer Tradition soll der Körper eines Toten aus Achtung vor den Vorfahren unversehrt bleiben, die meisten Chinesen verweigern daher eine Organspende.

Organentnahme nur mit Einwilligung

Nach Angaben des Pekinger Gesundheitsministeriums werden Hingerichteten regelmäßig Organe zu Transplantationszwecken entnommen, allerdings nur mit dem Einverständnis der Häftlinge oder deren Familien. Abgesehen von wenigen Verkehrstoten stammten die meisten Organe von hingerichteten Gefangenen, wurde Vizegesundheitsminister Huang Jiefu im vergangenen Jahr von der Tageszeitung "China" zitiert.

Handel wurde verboten

Kritikern zufolge werden dagegen viele Organe ohne Zustimmung der Häftlinge und aus rein finanziellen Interessen entnommen. Die Regierung verbot im April offiziell den Handel mit Organen und ordnete eine schriftliche Einwilligung von Spendern an. Nicht erwähnt sind in der Regelung allerdings Gefangene.

Kein Einverständnis des Sohnes

Wu Zhenjiang, der im Jänner 2005 hingerichtet wurde, hat nach Aussage seiner Mutter in seinem fünfseitigen handgeschriebenen Testament mit keinem Wort erwähnt, dass er seine Organe spenden wolle. "Das (die Organspende) ist etwas, das er definitiv in sein Testament geschrieben hätte, wenn er es hätte tun wollen", sagt Meng.

Vorwürfe von Familien

Gestützt werden ihre Vorwürfe von einer Familie aus Qinhuangdao. Die Leiche ihres Sohnes sei nach dessen Hinrichtung schwer verstümmelt gewesen, schrieben Ri Chunfen und Ma Yujun der Nachrichtenagentur AP. "Sein rechtes Auge fehlte, und es war ein zwei Zentimeter tiefer Schnitt in der Augenhöhle." Am Bauch entdeckten die Eltern eine lange Narbe. "Das Gericht hat schließlich zugegeben, dass die Leber und eine Niere entnommen wurden."

Human Rights Watch

Ähnliches berichtet ein ehemaliger Polizeibeamter aus Schanghai in einem Report der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Er war nach eigenen Angaben bei der Hinrichtung eines Gefangenen dabei, dessen Hornhaut zur Transplantation benötigt wurde. "Um die Augen zu erhalten, wurde dem Gefangenen ins Herz geschossen", wird der Beamte zitiert. "So wird es gemacht. Wenn sie das Herz brauchen, dann würde ihm stattdessen in den Kopf geschossen."

Wenn du Geld hast, ist alles möglich

Meng führten ihre Nachforschungen unter anderem zu einer Transplantationsklinik in Xi'an. Dort erzählte ihr ein Mann, er habe sieben Jahre zuvor eine Niere transplantiert bekommen, die von einem hingerichteten Gefangenen stammte. "Woher ich das weiß? Das ist hier ein offenes Geheimnis", berichtete er. "Wenn du Geld hast, ist alles möglich." (APA/AP)