Salzburg – „Wenn wir einmal der EU beitreten sollten, müssen Sie sich nicht vor einer Invasion fürchten. Wir sind schon da“, merkt der stellvertretende moldawische Außenminister Valeriu Ostalep am Eröffnungstag der Tagung „Migration – Integration. Perspektiven für eine Europäische Migrationspolitik“ in Salzburg an. Und präsentiert die Zahlen: Von den etwa 2,9 Millionen Moldawiern im erwerbsfähigen Alter leben eine halbe Million bereits in EU-Ländern – legal und illegal eingewandert.

Ein Problem für Westeuropa ist das nicht:_„Alternde und schrumpfende Gesellschaften Europas sind auf Zuwanderung angewiesen“ lautet die Kernthese des Bevölkerungswissenschafters Rainer Münz. Ohne Immigration gebe es in 40 Jahren in der EU um 88 Millionen weniger Menschen zwischen 15 und 65 Jahren, dafür aber mehr Ältere. Ein Mangel an Arbeitskräften sei die Folge. Gleichzeitig werde sich in Nordafrika und im Nahen Osten die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter verdoppeln.

Die ließen sich von Quoten genauso wenig abschrecken wie von Mauern und Stacheldraht, bestätigt Peter Schatzer von der Internationalen Organisation für Migration in Rom: „Information in den Herkunftsländern ist zentral, sonst finden wir diese Menschen gestrandet auf Malta oder Lampedusa, und sie können dort weder vor noch zurück.“

15 Prozent Fremde

Österreich ist von Migration besonders betroffen: 1,3 Millionen Bewohner sind nicht hier geboren, ein Anteil von 15 Prozent – oder ganz Oberösterreich. Um die besten Köpfe unter den Migranten ist ein Wettbewerb entbrannt. Bei dem Österreich schlechte Karten hat. Das strenge Fremdenrecht führe dazu, dass Zuwanderung fast ausschließlich aus Asyl und Familienzusammenführung und nicht aus Schlüsselkräften bestehe, kritisiert SP-Integrationssprecherin Elisabeth Hlavac.

Markus Beyrer von der Industriellenvereinigung hält es für „eine gefährliche Milchmädchenrechnung zu sagen, solange wir in Österreich auch nur einen Arbeitslosen haben, lassen wir gar niemanden herein“. Österreichische Arbeitslose seien weder mobil genug noch hätten sie das passende Qualifikationsprofil. VP-Nationalratsabgeordneter und Wirtschaftskämmerer Rudolf Mitterlehner beklagt, „dass wir die erste Welle der Jungen, Kreativen, Einsatzfreudigen schon an uns vorbeirollen gesehen haben“. Und das liege nicht nur am Fremdenrecht, ergänzt Beyrer, sondern daran, „dass wir Topkräfte aus aller Welt bei uns so behandeln, als ob sie halb aussätzig wären“. Die grüne Migrationssprecherin Terezija Stoisits stößt ins selbe Horn: „Die Inder kommen nicht, weil Menschen mit dunkler Hautfarbe in diesem Land diskriminiert werden.“ Warum SPÖ und ÖVP die Mängel in der Einwanderungspolitik nicht schon längst behoben hätten, kann Stoisits nicht nachvollziehen. (Markus Peherstorfer/DER STANDARD-Printausgabe, 16.05.2007)