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Foto der Doors aus dem Jahr 1969, aufgenommen im Zuge der Veröffentlichung des vorletzten Studioalbums der Band - "Morrison Hotel" (1970).

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The Doors: "Remastered" (Elektra 2007)

Foto: Montage/derStandard.at/Elektra Records
"Rick and the Ravens" lautete der Bandname der Manzarek-Brüder, zu denen sich Jim Morrison im Sommer 1965 gesellte. Kurz darauf stießen John Densmore und Robby Krieger hinzu und nach einigen Namensgebungsversuchen wie "psychedelische Kommandotruppe", konnte sich Morrison in Anlehnung an Aldous Huxley und William Blake mit "Den Türen" durchsetzen. Es folgten eineinhalb Jahre des Probens und Auftretens, bis auf die Auftritte von Mai bis Juli 1966 im berühmten Whisky A Go Go in Los Angeles ein Vertrag mit der Plattenfirma Elektra folgte. In sehr kurzer Zeit nahmen sie ihr erstes, nach der Band benanntes Album auf und nach ihrem ersten Hit "Light my Fire" betraten sie auch die Bühnen außerhalb von L.A. und den USA. Innerhalb von nur vier weiteren Jahren kamen fünf weitere Studioalben des Quartetts auf den Markt.

Geprägt haben die Musik der Doors nicht nur Morrisons eindringlicher Gesang und Text, die vor Ironie, Kritik, Wortspielen und Protest, vor apokalyptischen Untertönen, Wagemut, Neugierde, Metaphern und Allegorien, strotzen. Natürlich sind The Doors nicht ohne das musikalische Können der drei anderen Bandmitglieder denkbar: Robby Kriegers – er lernte ursprünglich Flamenco-Gitarre - virtuoser Gitarrensound, Ray Manzareks hypnotische und oft gespenstische Orgelklänge sowie Densmores ausgeklügeltes Schlagzeug.

Kalkulierte Medienöffentlichkeit

Als Startrampe des Erfolgs gilt jedoch in erster Linie Jim Morrison. Er war für das Aufstreben der Band elementar, nicht zuletzt durch seine medial geschickt inszenierten Auftritte. Als engelhafter Jüngling mit nacktem Oberkörper fand man ihn zu Beginn der Doors in den Medien wieder, nachdem er nach seinem Studium an der UCLA durch sein drogendurchträntes Vagabundieren am Strand von Venice in L.A. einige Kilos abgespeckt hatte.

Er trainierte und probte Körperhaltungen, Gesten und Tanzschritte und kreierte seinen eigenen Modestil, gab für die damalige Zeit schockierende Interviews über seine Faszination an Chaos. Zwei Jahre später fand man ihn als vollbärtigen Mann wieder, der Reminiszenzen an den späteren „Mann aus den Bergen“ weckt, mit Bierbauch und rauer, von Alkohol getränkter Stimme.

Provokation und Skandal

„All our lives we sweat and save, building for a shallow grave” sang er in „The Soft Parade“ und auf genau das Gegenteil war er aus. Sein Startum hatte Morrison gepflegt und mystisch geschmückt: ein von Exzess durchtränktes Leben, demonstrative Hemmungslosigkeit in der Öffentlichkeit, Provokation und die darauf folgenden Skandale.

Auf der Bühne wurde er während der Konzerte – je nach Biograph – sieben- bis neunmal verhaftet. Die Bühne war für Morrison ein Ort der Improvisation, von der die zahlreichen offiziellen wie inoffiziellen Live-Alben zeugen. Nicht zu hören sind dabei seine sich ändernden Bühnenshows: Klammerte er sich zu Beginn der Doors noch verkrampft ans Mikrophon, dem Publikum oft den Rücken zugewandt, benutzte er die Bühne zunehmend als seinen Spielort, meist unterstützt von bewusstseinserweiternden Rauschmitteln. Oft brach er zusammen, als ob er angeschossen worden wäre, fiel von der Bühne oder sang liegend am Boden – auch die Live-Auftritte waren an Jim Morrison gekoppelt, und damit das Medieninteresse. Zunehmend benutzte er die Band als Begleitmusik zu seinen Gedichten und Erzählungen. The Doors waren das Instrument seiner Inszenierungen, die Musik diente ihm als Medium für seine Lyrik.

"Erregung öffentlichen Ärgernisses"

Als er während eines Live-Auftritts in New Haven 1967 einen Polizisten, der ihm vor dem Konzert mit Tränengas attackiert hatte, auf der Bühne zur Rede stellte, wurde er verhaftet und wegen Unsittlichkeit und unmoralischen Verhaltens in der Öffentlichkeit sowie Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt und zu einer Strafe von 1.500 Dollar verurteilt. Seine öffentlichen Provokationen mehrten sich und kulminierten im März 1969 in Miami, als er seine Fans beschimpfte und sich angebliche entblößte.

Morrison stand deshalb 1970 für Gericht. Erregung öffentlichen Ärgernisses und Gotteslästerung lautete die Anklage. Er wurde zu einer Geldstrafe von 500 Dollar und acht Monaten Zwangsarbeit verurteilt, kam aber auf Kaution frei. Es kam daraufhin zu Demonstrationen gegen Obszönität. Gegen das Urteil legte der Doors-Frontmann Berufung ein, doch bevor er sich vor Gericht verteidigen konnte, starb er am 3. Juli 1971 in Paris, wohin er sich mit seiner Lebensgefährtin abgesetzt hatte. (Der neue Gouverneur Floridas, Jeb-Bush- Nachfolger Charlie Crist, hat sich übrigens kurz nach seinem Amtsantritt im Jänner 2007 für die Begnadigung des verstorbenen Sängers ausgesprochen.)

Schreiben und Film

Abseits von Musik und Berauschung war Morrison mit etlichen anderen Projekten beschäftigt – vorwiegend mit dem Schreiben. 1969 ließ er zwei Gedichtsbände drucken: „The Lords / Notes on Vision“ und „The New Creatures“, 1970 folgte „An American Prayer“. Auch sang oder sprach er, wie an seinem 27. Geburtstag 1970 während einer rund vierstündigen Session, zahlreiche seiner Erzählungen und Gedichte auf Band (u.a. „Rock is dead“ - Teile daraus wurden von den restlichen drei Doors auf „An American Prayer“ (1978) musikalisch untermalt. Daneben widmete er sich auch dem Filmen und dem Schauspielen: Anfang 1968 arbeitete er an der Doors-Dokumentation „A feast of friends“ und am Promotionsfilm „The Unknown Soldier“ zum gleichnamigen Stück auf „Waiting for the Sun“; gefolgt von dem Kurzfilm „Hiway“ (1969) über einen "killer on the road", in dem er auch als Schauspieler auftrat.

Celebration of the Lizard

Den 40. Jahrestag des Erscheinens ihres Debütalbums feiern die restlichen Doors nun mit einem Re-Release aller sechs Studioalben. Dafür wurden die Originalbänder der Studiosessions unter Aufsicht der Musiker und des damaligen Produzenten und Aufnahmetechnikers Bruce Botnick neu gemixt und zahlreiche Bonustracks hinzugepackt.

Bei einem erstmaligen Hinhören sind mit wenigen Ausnahmen die Unterschiede zum Original kaum hörbar, doch die im Vergleich zu den frühen Versionen unterschiedlichen Längen der Stücke, in der neuen Version mal länger, dann wieder kürzer, machen aufmerksam. Mal sind es Kriegers Gitarrenriffs oder Manzareks Orgelklangfolgen, die hinzugefügt wurden, dann wieder wurde Morrisons Gesang aufgefrischt.

"God Save the Queen"

Am offensichtlichsten sind die neuen „Versionen“ auf „The Doors", dem Debüt-Album, wenn sich auf „Break on Through" und „The End“, die damals wegzensierten Worte „high“ und „fuck“ wiederfinden. Auch das schelmische „lalalalala“ auf „Love Street“ („Waiting for the Sun“) wurde durch ein unschuldig anmutendes Pfeifen Morrisons ersetzt. Das Lied „The Soft Parade“ wird eingeleitet von einem kurzen melodiösen Lied. Das Booklet gibt leider keinen Aufschluss darüber, ob es sich dabei immer schon um einen Teil des Liedes gehandelt hat. Auch fehlt der Text dazu. Überraschend ist das „Intro“ zu "L.A. Woman", dem letzten Album mit Jim Morrison: Es erfrischt mit einem orgelverzerrten „God Save the Queen“.

Ein Gustostückerl wiederum bietet das Experimentalstück „Celebration of the Lizard“, welches in einer Studioversion, die zwar nicht annähernd der gleichnamigen Live-Performances nahe kommt (wie beipielsweise auf "Absolutely Live" zu hören) auf „Waiting for the Sun" zu finden ist. 38 Jahre lang hat es gedauert, bis Morrisons Wunsch in Erfüllung ging, dass es als Ganzes auf die dritte LP gepresst wird. Sein Verlangen nach mehr Lyrik auf den Tonträgern scheiterte damals einerseits am Willen der drei anderen Bandmitglieder und andererseits an der ablehnenden Haltung der Plattenfirma, Gedichtsrezitationen auf Platte zu pressen. Auch „Albinoni’s Adagio in G Minor”, das später auf “An American Prayer“ gepresst wurde, ist in einer ersten Version unter den Bonus-Tracks zu finden.

Generell bieten die zusätzlichen Stücke viele Highlights, dazu gehören auch die zwei Versionen von "Moonlight Drive" auf "The Doors", auf denen Morrisons Stimme noch zaghaft und schüchtern, mehr hauchend als singend ist. Auf "The Soft Parade" findet man u. a. eine alternative Version des Hits "Touch Me", in dem sich Drummer Densmore darüber aufregt, dass seine Snare-Drum nicht richtig positioniert ist, sowie das bisher nie offiziell erschienene "Push, Push". Beim Hören von „Whisky, Mystics and Men“, das vom Musikalischen einem irischen Folksong sehr nahe kommt, fragt man sich, warum es dieser Song nicht auf das offizielle Album geschafft hat.

Gleich zehn Bonussongs landeten auf "Morrison Hotel", den "Roadhouse Blues" gibt es in mehreren Takes, einen ungeduldigen Morrison erlebt man auf „Peace Frog“ und unter anderem finden sich auch eine Blues-Version von „The Spy“ und eine Jazz-Version von „Queen of the Highway“. Im Großen und Ganzen lassen die Neubearbeitungen die Songs beim Alten, von den kaum merkbaren Verlängerungen wie Kürzungen abgesehen, und erfrischen nicht nur durch das neue Material die mehr oder weniger alten Erinnerungen an The Doors. (cra)