Ein vor Kurzem veröffent_lichter Beschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichtes (1 BvR 2576/04 vom 12.12.2006) hat die Debatte über Erfolgshonorare für Anwälte neu entfacht. Während in Deutschland anwaltliche Erfolgshonorare gemäß § 49b Abs 2 deutsche Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) grundsätzlich unzulässig sind, können sie in Österreich zwar nicht uneingeschränkt, aber doch sehr variantenreich vereinbart werden. Das in beiden Ländern geltende Quota-litis-Verbot betrifft einen Spezialfall des Erfolgshonorars: Verboten ist, zwischen Rechtsanwalt und Klienten einen Teil des erstrittenen Betrages als Anwaltshonorar zu vereinbaren. In den USA sind solche Honorarregelungen gang und gäbe.

Eine solche Quota-litis-Vereinbarung hatte eine sächsische Rechtsanwältin mit den in den USA lebenden Klienten getroffen. Streitgegenstand war die Entschädigung für ein enteignetes Grundstück; die Anwältin war erfolgreich und erhielt – wie vereinbart – als Honorar ein Drittel (ca. 52.000 Euro) des erstrittenen Betrages. Nach einem Verweis samt Geldbuße der Standesvertretung erhob die Anwältin Beschwerde beim Bundesverfassungsgerichtshof und war zum Teil erfolgreich.

Das BVerfG erkennt die Intention des Gesetzgebers an, mit dem Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare die anwaltliche Unabhängigkeit zu sichern, Rechtssuchende vor Übervorteilung zu schützen und die Waffengleichheit von Prozessparteien zu wahren. Doch laut Höchstgericht ist die Bestimmung in der deutschen BRAO insoweit mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit unvereinbar, als sie keinerlei Ausnahmen vorsieht. Gerade dann, wenn eine Prozessfinanzierung durch Dritte nicht greife und keine Prozesskostenhilfe gewährt werde, würde die derzeitige Regelung den Rechtsschutz behindern.

Neugestaltung

Die Korrektur der verfassungswidrigen Bestimmung muss bis Mitte 2008 erfolgen. Möglichkeiten zur Neugestaltung gibt es nach Ansicht des deutschen BVerfG einige: die völlige Freigabe, die Regelung von Ausnahmefällen bis hin zur detaillierten Festlegung von Bedingungen für Honorarvereinbarungen, z.B. der Normierung von strengeren vergütungsbezogenen Informationspflichten. Bis dahin gilt die bisherige Bestimmung, weswegen verfassungsrechtlich die Disziplinarstrafe für die Anwältin aufrecht bleibt.

Auch in Österreich wird immer wieder über das Quotalitis-Verbot diskutiert. Aufgrund einer entsprechenden Beschwerde wird auch dem österreichischen Verfassungsgerichtshof Gelegenheit eingeräumt, Stellung zu beziehen. Dabei wird der VfGH wohl wie in Deutschland die obigen Grundsätze heranziehen. Allerdings ist die gesetzliche Ausgangslage in Österreich etwas anders. Zu beachten wird auch der europarechtliche Aspekt einer allfälligen Wettbewerbsverzerrung sein. (Romy Jürges-Gellrich, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 08.05.2007)