Ein gruseliger Abend, Mittwoch im "Extrazimmer": Vier Frauen waren zugegen - so gibt es das eigenwillige Konzept der Sendung ja vor - und Reinhard Pitsch, maßgeblich an der Palmers-Entführung im November 1977 beteiligt.

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Der ließ sich gerne bei Weißwein und Zigaretten nieder. Erinnerte sich, erzählte Anekdoten. Die Gastgeberinnen kicherten aufgeregt. Ob Terroristinnen "toughe Weiber" gewesen seien, wollte man etwa wissen. Und ob Pitsch "jemals bei Palmers eingekauft" habe. Gespenstisch, wie sich die vier Damen in dieser Geschmacklosigkeit wohlfühlten. Viel zu spät wurde Pitsch deutlicher. "Das Taxi wartet schon", sagte dann der Butler.

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So wurde man Zeuge eines Musterbeispiels der permanent verunglückenden österreichischen Diskussions- und Fernsehkultur. In Deutschland traf Michael Buback, Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, in einer Talkshow auf den Terroristen Hans-Jürgen Boock. Natürlich kann man das als "Täter-Opfer-Show" abtun, aber trotz alledem wird in dieser Begegnung auch Vergangenheit bewältigt.

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In Österreich verkürzt man auf die bekannte Art: Die Deutschen waren Mörder, wir unschuldige Dilettanten. Die Palmers-Entführung? "Ein bisschen wie Entenhausen", resümierte Dodo Roscic.

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Nur nicht zu ernst und nicht zu kompliziert darf es sein im neuen ORF-Programm, das könnte ja Zuschauer vergraulen. Ein Irrtum, wie sich herausstellt: Die unsägliche Light-Fraktion im Unterhaltungsfernsehen schlägt die Zuschauer reihenweise in die Flucht.
Nach knapp einer Stunde resümierte eine der Diskutantinnen: "Mir ist jetzt ein bisschen kalt." So kann man es auch sagen. (prie/DER STANDARD, Printausgabe, 4.5.2007)

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