Mattersburg/Favoriten - In Schurscheldorf - so nennen die Nachbarn ihren Bezirksvorort Mattersburg - war alles vorbereitet: die Straße hinterm Stadion abgesperrt, Bier reichlich eingelagert, das Servierpersonal im SVM-Café auf Heimspielstärke aufgestockt. Und dann das!

Auch am Tag danach ringt Trainer Franz Lederer, der sonst so eloquente Analytiker, um Worte. Vom Standard um analytische Hilfestellung gebeten, weil die eigene sich unterhalb der Druckfähigkeit bewegt, winkt er ab, "weil bei mir klingt das ähnlich".

In Favoriten war währenddessen und logischerweise alles anders. Eine von spielerischen, analytischen und nun auch finanziellen Demütigungen gekennzeichnete Saison ging in einer hörbar versöhnlichen Weise zu Ende. Georg Zellhofer, der zuweilen den Eindruck erweckt hatte, nicht nur an seiner Mannschaft, sondern auch an sich verzweifeln zu wollen, mochte sich die Genugtuung nicht verkneifen: "Wir sind verhöhnt worden, jetzt sind wir Cupsieger." Mag sein, dass es an dieser Genugtuung lag, dass der Austria-Trainer sich gleich nach dem Triumph - dritter Cupsieg en suite, der 26. insgesamt - ein wenig im Ton vergriff. Er sagte nämlich, man habe, zur Pause das Sicherheitsdenken in der Kabine lassend, "Hollywood" gespielt.

Der Wiedergänger

Dafür wird sich Ernst Happel wohl in einen Wiedergänger verwandeln. Denn wenn man annimmt, dass der Aschyl in freilich zunehmendem Grant immer noch sein wohlwollendes Auge auf den österreichischen Fußball wirft, wird er sich die Verballhornung seines Begriffes nicht gefallen lassen können.

Um Mitternacht herum sollte Georg Zellhofer also aufpassen. Denn wenn die Austria nach einer wahrhaft beschämenden ersten Halbzeit danach etwas gezeigt hat, dann sicher nicht Hollywood, die zum "a scho wurscht" intensivierten "spezifiken Kontraattacks". Tatsächlich wurde die Austria, aufgestachelt durch den zur Pause für Radomski gekommenen Sverkos, bloß ein wenig bissiger. Gegen ei-ne normale Mattersburg hätte es dennoch wohl nicht gereicht.

Aber es trat ein, worüber das ganze Burgenland und seine Sympathisanten noch tags darauf den Kopf schüttelten: Die Mannschaft, die sich über ihre Kompaktheit zuletzt in einen Lauf gespielt hatte, zerfiel einfach. Leistungsträger wie Kühbauer, Mörz, Fuchs, Atan hatten sich selbst in der Kabine gelassen. Naumoski erinnerte sich an früher, bremste bei jeder Ballberührung durch Zuckerbäckerdribblings das Spiel, und weil das nichts brachte, matschkerte er, und zwar auch nach schweren Fouls wie dem gegen Standfest. Dafür ersetzte der junge Bürger den alten Jancker, der erst gegen Schluss für Gefahr sorgen durfte: Auch Lederer hatte nicht seinen besten Tag.

Mattersburg hat also die 1:0-Führung aus der 23. Minute einfach verjuxt. Lafata (54.) und Lasnik (56.) führten mit Hilfe von SVM-Goalie Borenitsch die Austria zum Triumph.

Im SVM-Café leckten die Fans sich die von der Mannschaft geschlagenen Wunden. In der nahen Martini-Schenke war man schon beim Philosophieren. Einer meinte: "Heute hab\n wir wieder g\spielt wie die Schurscheln."

Um dem ist eigentlich nichts Wesentliches mehr hinzuzufügen. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 3. Mai 2007, Wolfgang Weisgram)