Den Haag/New York - Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat bei seinen Ermittlungen zum Bürgerkrieg in der sudanesischen Region Darfur die ersten Haftbefehle gegen einen Minister und einen Milizführer erlassen. Ihnen werden Verbrechen an der Zivilbevölkerung zur Last gelegt. Der Sudan müsse den Minister für Humanitäre Angelegenheiten, Ahmed Harun, und den Führer der arabischen Janjaweeed-Reitermiliz, Ali Kosheib, festnehmen, erklärte Ankläger Luis Moreno-Ocampo am Mittwoch in Den Haag.

Moreno-Ocampo hatte die beiden Männer im Februar als Verdächtige in mehr als 50 Fällen von Kriegsverbrechen benannt. Zu den Vorwürfen zählen Verwicklung in Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Mord und Vergewaltigung. Die Vorfälle beziehen sich auf den Zeitraum zwischen August 2003 und März 2004. Harun war damals im Innenministerium für die Sicherheit in Darfur zuständig. Der Gewalt in der westsudanesischen Region sind seit Februar 2003 mehr als 200.000 Menschen zum Opfer gefallen. Etwa 2,5 Millionen Bewohner wurden in die Flucht getrieben.

Sudanesische Regierung weist Haftbefehle zurück

Die sudanesische Regierung wies die Haftbefehle zurück und betonte, sie habe nicht vor, die beiden Männer auszuliefern. Die sudanesische Position sei eindeutig, sagte Justizminister Mohamed Ali al-Mardi: Das Vorgehen des IStGH sei illegal. Er kündigte an, auf Grund der Haftbefehle auch die bisherige gelegentliche Zusammenarbeit mit dem UNO-Gericht völlig einzustellen. Eigene Untersuchungen ergaben nach Angaben Mardis keine belastenden Beweise gegen Harun.

Chefankläger Moreno-Ocampo erklärte, der Sudan sei verpflichtet, Harun und Kosheib zu verhaften: "Das ist die Entscheidung des IStGH und die Regierung hat dies zu respektieren." Die Anklage habe unter sehr schwierigen Bedingungen außerhalb des Sudans ermittelt und ihre Zeugen geschützt. "Wir haben aus ihren Aussagen Beweismaterial gemacht, und jetzt haben die Richter bestätigt, dass es stichhaltig ist", betonte Moreno-Ocampo.

Druck

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York rief die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf den Sudan zu verstärken, um die Festnahme und Überstellung der Verdächtigen zu erreichen.

Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, warf der internationalen Gemeinschaft unterdessen völliges Versagen bei den Bemühungen um eine Verbesserung der Sicherheitslage in Darfur vor. Zwar seien auf humanitärem Gebiet Erfolge erzielt worden. So hätten die Vereinten Nationen in den ersten vier Monaten des Jahres die Rückkehr von 30.000 Flüchtlingen unterstützt, mehr als im gesamten Jahr 2006. Damit dieser Erfolg aber nachhaltig sei, müsse die Sicherheit verbessert werden, und dies könne nur in Verbindung mit einem umfassenden Friedensabkommen gelingen, sagte Guterres am Dienstag in New York. Entsprechenden Verhandlungen sei aber nicht genug Aufmerksamkeit zuteil geworden. (APA)