Russland
Die Kaukasus-Problemzone
Von Zar Peter dem Großen bis Putin
Die Ausdehnung des russischen Reiches in den
Kaukasus machte schon dem Zarismus ernste Schwierigkeiten. Eine
endgültige Absicherung der Macht Russlands über die unwegsamen
Hochgebirgsgebiete gelang nie vollständig. Bei jeder Desintegration
der Zentralmacht traten umgehend separatistische Kräfte auf. Im
Folgenden eine Chronologie des seit Jahrhunderten konfliktreichen
Verhältnisses: 1722
: Erster Vorstoß des Russischen Reiches in den Kaukasus unter Zar Peter dem Großen; Eroberungen im heutigen Dagestan; Beginn
150-jähriger Kämpfe.
1864
: Russische Armee meldet Eroberung des Kaukasus, einzelne
Widerstandsnester bleiben aber aktiv.
Oktober 1991
: Der ehemalige General der Roten Armee, Dschochar
Dudajew, wird nach der Spaltung zwischen Tschetschenien und
Inguschetien zum Präsidenten Tschetscheniens gewählt und verkündet
die Unabhängigkeit; Moskau weist dies zurück; keine internationale
Anerkennung der Unabhängigkeit Tschetscheniens.
Dezember 1994
: Einmarsch russischer Truppen in Tschetschenien;
Beginn schwerer Kämpfe, die offiziell zwischen 40.000 und 60.000
Menschenleben fordern (Schätzungen reichen bis zu 100.000 Toten), die
Kaukasusrepublik weitgehend zerstören und bis in das Jahr 1996
dauern; die russische Armee kann sich nicht durchsetzen.
April 1996
: Dudajew fällt einem russischen Raketenangriff zum
Opfer.
31. August 1996
: Der Chef des russischen Sicherheitsrates, General
Alexander Lebed, schließt mit der tschetschenischen Führung ein
Abkommen zu Beendigung der Kämpfe, den russischen Rückzug und über
eine endgültige Regelung des Status von Tschetschenien nach einer
Übergangszeit von fünf Jahren.
Jänner 1997
: Die letzten russische Truppen verlassen
Tschetschenien; in der Kaukasusrepublik brechen Differenzen zwischen
einzelnen Clans sowie zwischen gemäßigteren und radikalen Kräften
auf; zahlreiche Entführungen und Lösegeld-Erpressungen, der
Wiederaufbau bleibt in den Anfängen stecken.
12. Mai 1997
: Russlands Präsident Boris Jelzin und der
tschetschenische Präsident Aslan Maschadow unterzeichnen ein
Friedensabkommen, der endgültige Status von Tschetschenien bleibt
ungeklärt.
August 1999
: Militante tschetschenische Rebellen erobern Dörfer im
benachbarten Dagestan und wollen eine "Islamische Republik" im
Kaukasus ausrufen.
September 1999
: Eine Serie schwerer Explosionen erschüttert
Russland, zwei Häuser in Moskau werden durch Bomben zerstört,
insgesamt werden fast 300 Menschen getötet; die russische Führung und
Öffentlichkeit machen tschetschenische "Terroristen" verantwortlich.
Oktober 1999
: Russland greift unter der Leitung von
Ministerpräsident Wladimir Putin in Tschetschenien ein, zunächst mit
der Luftwaffe, dann auch mit Bodentruppen; die so genannte
"Spezialoperation zur Bekämpfung des Terrorismus" macht zuerst rasche
Fortschritte; Gesprächsangebote Maschadows werden von Moskau
abgelehnt.
21. Oktober 1999
: Ein Raketenangriff auf Grosny fordert bis zu 140
Tote.
12. November 1999
: Russische Truppen nehmen die zweitgrößte Stadt
Tschetscheniens, Gudermes, ein.
18. November 1999
: In der Schlußerklärung des OSZE-Gipfels von
Istanbul anerkennt Russland die Notwendigkeit einer politischen
Lösung für Tschetschenien, macht aber umgehend klar, dass man
weiterhin Verhandlungen mit der tschetschenischen Führung und eine
internationale Vermittlung ablehnt.
25. Dezember 1999
: Beginn des Sturms auf Grosny, wo einige Tausend
Tschetschenen erbitterten Widerstand leisten.
6. Februar 2000
: Putin erklärt Grosny nach dem Rückzug der letzten
tschetschenischen Kämpfer für erobert.
13. März 2000
: Der tschetschenische Feldkommandant Salman Radujew
fällt in russische Hände und wird nach Moskau gebracht.
1. April 2000
: Russland gesteht den Tod von mehr als 30
Elitesoldaten.
6. April 2000
: Die Parlamentarische Versammlung des Europarates fordert ein Ausschlussverfahren gegen Russland nach wachsender internationaler Kritik an massiven Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien.
22. Juni 2000
: Europarats-Delegation zu Tschetschenien-Gesprächen in Moskau
26. Juni 2000
: Weitere russische Luftangriffe auf Tschetschenien
3. Juli 2000
: Mindestens 50 Tote bei Bombenanschlag neben Wohnheim der russischen Polizei in Argun
4. Juli 2000
: Russland riegelt Grosny und weitere Städte in Tschetschenien ab
14. Juli 2000
: Putin betont harten Kurs in Tschetschenien
17. Juli 2000
: Erneut heftige Kämpfe in Tschetschenien: 50 Seperatisten/28 russische Soldaten getötet
22. Juli 2000
: Russische Truppen nehmen Stellvertreter des Rebellenführers Chattab gefangen
28. Juli 2000
: Moskau verhandelt mit Tschetschenien über Ende des Krieges (APA/red)