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Gegen den Ex-RAF-Terroristen Stefan Wisniewski wird wieder ermittelt.

Foto: AP
Starr blickt RAF-Mann Stefan Wisniewski von einem Fahndungsplakat der deutschen Polizei aus dem Jahr 1978. Sein Gesicht ist ein grell schwarz-weißes Relikt aus der "bleiernen Zeit" Deutschlands. Damals war Wisniewski eine der meistgesuchten Personen Deutschlands, und nun, drei Jahrzehnte danach, ist er erneut in den Fokus der Justiz geraten. Der heute 54-Jährige sei jener Mann gewesen, der am 7. April 1977 Generalbundesanwalt Siegfried Buback in Karlsruhe erschossen habe, behauptet RAF-Veteran Peter-Jürgen Boock. Grund genug für Bundesanwältin Monika Harms, Ermittlungen wegen eines "Anfangsverdachts" gegen Wisniewski einzuleiten.

Anders als viele RAF-Terroristen kam Wisniewski nicht über die Studentenbewegung zur RAF. Der Sohn eines polnischen Zwangsarbeiters aus Freudenstadt im Schwarzwald versucht es zunächst mit einer Elektrolehre, die er aber abbricht. Nach Monaten in einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche geht er nach Hamburg, fährt als Maschinist zur See, kehrt wieder in die Hansestadt zurück. Zunächst engagiert sich Wisniewski dort in der linken Szene für politische Gefangene, besetzt Häuser und demonstriert gegen den Springer-Verlag. "Die neuen Lebensformen, Wohngemeinschaften, Stones-Musik, lange Haare, das hatte auf mich enorme Anziehung. Dazu kamen der Sozialismus und andere Theorien, vor allem der in der Revolte geborene Sinn für Gerechtigkeit", beschreibt Wisniewski diese Zeit 1997 in einem Interview mit der Berliner tageszeitung.

Zur RAF kommt Wisniewski 1975 nach dem Tod von RAF-Häftling Holger Meins, der einen Hungerstreik im Gefängnis nicht überlebte. "Wenn die anfangen, die Gefangenen (...) verrecken zu lassen, dann muss was anderes geschehen", erklärt Wisniewski "das Überschreiten einer Schwelle". Nach Meins' Begräbnis geht er in den Untergrund und zählt fortan zur "zweiten Generation" der RAF, wo er wegen seiner schlagenden Argumente "Fury" (Furie) genannt wird.

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden trainiert er in einem südjemenitischen Guerilla-Camp, bevor er am 5. September 1977 Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer entführt und ihn am 18. Oktober in einem elsässischen Wald erschießt.

1981 wird er in Paris verhaftet. Er randaliert, versucht auszubrechen und tritt in Hungerstreik. Als er zweimal lebenslänglich bekommt, erklärt Wisniewski: "Das Urteil interessiert mich nicht." 1999 setzt das Oberlandesgericht Düsseldorf die Strafe zur Bewährung aus - auch weil er sich von der Gewalt der RAF distanzierte. Heute wohnt Wisniewski an einem unbekannten Ort. Gelegentlich tritt er als Referent bei Veranstaltungen linker Gruppierungen auf. Ansonsten lebt er von Hartz-IV-Sozialhilfe. (Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe 27.4.2007)