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Foto: REUTERS/RAHEB HOMAVANDI

Ein gutes Drittel der rund 2.800 Kinder in den Grazer Kindergärten kommt nicht aus Österreich. Für Kinder- und Jugendstadträtin Tatjana Kaltenbeck-Michl (SPÖ) ein Anlass, an dem EU-Projekt "MUTUAL" teilzunehmen ("Training migrants for multicultural work in childcare"): Dessen Ziel ist es, MigrantInnen als interkulturelle BetreuerInnen in den Kindergärten, -krippen und Horten einzusetzen. Die Vorteile: Kinder und Eltern mit Migrationshintergrund fühlen sich von BetreuerInnen mit einer ähnlichen Geschichte besser verstanden, österreichische BetreuerInnen erhalten durch sie Unterstützung. Außerdem sollen die Berufschancen von MigrantInnen dadurch erhöht werden.

19 von 215

Sechzehn Personen aus Graz nehmen dazu an einer Pilot-Ausbildung teil, außerdem wurden neue Lehr- und Lernmaterialien für die Arbeit in multikulturellen Kindergruppen entwickelt. Derzeit arbeiten in den Kindergärten der Stadt Graz neunzehn BetreuerInnen mit Migrationshintergrund – von insgesamt 215. Ein noch geringer Anteil also, der künftig aufgestockt werden soll.

Zum Problem, dass viele Kinder aus nicht-österreichischen Familien gar nicht in den Kindergarten kommen, meinte Kaltenbeck-Michl: Sie habe "keine große Freude" mit der Ansage von Kanzler Alfred Gusenbauer gehabt, wonach MigrantInnen-Kinder das letzte Jahr vor der Schule verpflichtend den Kindergarten besuchen sollten. Ihre Forderung geht deutlich weiter: "Für alle Kinder zwischen drei und sechs Jahren", egal welcher Herkunft, solle der Besuch des Kindergartens verpflichtend sein, der dann auch kostenlos angeboten werden müsste. Schließlich handle es sich dabei um Bildungseinrichtungen, und wer den Kindergarten versäume, "hat in der Schule einen Startnachteil".

Zu wenig verteilt

Wie Kaltenbeck-Michl auch einräumte, lässt die Durchmischung von Kindern unterschiedlicher Herkunft in einigen Kindergärten zu wünschen übrig. In jenem in der Dominikanergasse im Bezirk Gries beispielsweise liegt der Anteil "migrantischer" Kinder bei 77 Prozent. Dies sei Folge einer mangelnden Wohnungspolitik, sagte die Stadträtin in Richtung der für das Wohnen zuständigen KPÖ und wies jegliche Verantwortung von sich.

Nicht verschwiegen wurde, dass die sich rasch ändernden Anteile von Kindern unterschiedlicher Herkunft in den Einrichtungen auch Konflikte mit sich bringen. Laut Heidi-Irene Bäck vom Kindergartenreferat bringe es Diskussionen mit sich, wenn "auch Buben ihre Spielsachen zusammenräumen und Väter auf sie warten müssen" – etwas, was wohl nur in streng patriarchal strukturierten Familien der Fall sein wird. Zahlreiche solcher Beispiele und wie man damit umgehen könnte finden sich in dem innerhalb von MUTUAL entwickelten Projekthandbuch.

Geleitet wird MUTUAL von der Volkshilfe Steiermark, das Kindergartenreferat der Stadt Graz und das bfi-Steiermark sind Teilnehmerinnen. Insgesamt nehmen an MUTUAL zwölf Staaten teil. (Gerlinde Pölsler, derStandard.at, 24.4.2007)