Bernhard Tilg, Vorsitzender der Rektorenkonferenz der Privatuniversitäten in Österreich und Rektor der Tiroler UMIT.

Foto: umit
Im September vergangenen Jahres haben sich die Privatuniversitäten im Rahmen der "Rektorenkonferenz der Österreichischen Privatuniversitäten" zusammengeschlossen. derStandard.at sprach mit Bernhard Tilg, Vorsitzender der Rektorenkonferenz der Österreichischen Privatuniversitäten und Rektor der Tiroler UMIT über die Entwicklungen der österreichischen Hochschullandschaft. Zukünftig sei es auch für öffentliche Hochschulen notwendig, einen erheblichen Teil der Finanzmittel selbst zu lukrieren, meint Tilg. Die Fragen stellte Katrin Burgstaller.

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derStandard.at: Können Sie etwas über die Entstehungszusammenhänge der österreichischen Privatunis erzählen?

Tilg: Die Privatuniversitäten haben unterschiedliche Hintergründe, es wurden etwa Konservatorien in Privatuniversitäten umgewandelt, bei der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik (UMIT) ist der Eigentümer ein Bundesland, aber es gibt auch Privatuniversitäten die sich nahezu gänzlich aus Studiengebühren finanzieren. Dazu zählen etwa die PEF Privatuniversität für Management oder die Sigmund Freud Privatuniversität Wien, sowie die TCM Privatuniversität Li Shi Zhen. Wir Privatuniversitäten bedienen Nischen oder Bedürfnisse einer Region, vor allem den postgradualen Bildungsmarkt und wir bieten zukunftsweisende, hoch-qualitative und akkreditierte Ausbildungen.

derStandard.at: Gibt es Kooperationen zwischen privaten Universitäten und staatlichen Universitäten? Auf welchen Ebenen finden die Kooperationen statt?

Tilg: Privatuniversitäten wollen, müssen und dürfen sich in die österreichische Hochschullandschaft einfügen. Deshalb ist Kooperation wichtig. An der UMIT gibt es beispielsweise intensive Kooperationen mit der Medizinischen Universität Innsbruck und mit der Leopold-Franzens- Universität Innsbruck, etwa in Form gemeinsamer Forschungsprogramme. Im Bereich der Lehre gibt es ebenfalls Kooperation, wir denken auch über das eine oder andere gemeinsame Studienprogramm nach. Zudem sind wir über verschiedene Forschungsprojekte und durch den Austausch von Lehrpersonal miteinander vernetzt.

derStandard.at: Sie haben kürzlich die Akkreditierung, so wie sie für Privatuniversitäten Pflicht ist, für alle postgradualen Ausbildungen in Österreich gefordert. Weshalb erachten Sie das für so notwendig?

Tilg: Unsere oberste Behörde ist der Österreichische Akkreditierungsrat. Will eine Privatuniversität ein neues Studium oder einen Universitätslehrgang implementieren, muss sie einen Antrag stellen. Es läuft ein Zulassungsverfahren und wenn alles passt, wird das Studium akkreditiert. Für die öffentlichen Universitäten wird das Thema Akkreditierung zwar angedacht, wir sind aber europaweit betrachtet ein Schlusslicht. Was uns insbesondere stört, ist der Bereich der postgradualen Ausbildungen: Eine öffentliche Universität kann sehr schnell einen Weiterbildungsmaster anbieten, ohne Akkreditierung und Zulassung. Wir als Privatuniversitäten müssen sehr wohl auch für eine solche Ausbildung eine Akkreditierung durchlaufen. Wir wünschen uns einfach, dass man hier gleiche Bedingungen schafft.

derStandard.at: Mancherorts herrscht noch große Skepsis gegenüber Privatuniversitäten ...

Tilg: Wir sind die dritte wichtige Säule in der Hochschullandschaft und wir sind das jüngste Kind. Immer wenn eine Sache jung ist, hat man eine gewisse Skepsis. Die öffentliche Meinung assoziiert mit Privatuniversitäten noch immer exorbitant hohe Studiengebühren. Die Studiengebühren an den Privatuniversitäten variieren sehr stark - von 200 Euro an den Konservatorien bis zu 13 000 Euro pro Studienjahr an der Webster University. Aber wir sind weit weg von so hohen Studiengebühren wie in den USA oder in Großbritannien.

derStandard.at: Wieso sollte jemand an einer privaten Universität studieren?

Tilg: Privatuniversitäten bieten hochqualitative, akkreditierte Ausbildungen sowie sehr persönliche Betreuung. Das Betreuungsverhältnis Professoren und Assistenten zu Studierenden ist sehr gut. Wir sind von der Vision getrieben, die Humboldt'sche Idee der Universität zu realisieren, mit dem Anspruch hoch-qualitativer Ausbildung.

derStandard.at: Wie sind die Partizipationsrechte der Studierenden gestaltet?

Tilg: Grundsätzlich ist die Mitbestimmung der Studierenden unterschiedlich realisiert. Für die UMIT kann ich sagen, dass Mitbestimmung in den Gremien möglich ist. Unsere Studierenden sind im Senat und in den Studienkommissionen vertreten, es gibt auch eine eigene Studentenvertretung. Im Aufbau einer Privatuniversität gibt es viel zu tun, das Feedback der Studierenden ist da natürlich sehr wichtig.

derStandard.at: Gibt es ausreichend qualifiziertes Personal?

Tilg: Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass eine Privatuniversität bei den Kernstudien 50 Prozent der Lehre durch Stammpersonal abdecken muss. Die UMIT hat heute 110 Arbeitsplätze geschaffen. Sie ist zu 36 Prozent basisfinanziert vom Land Tirol, den Rest erwirtschaften wir durch Studiengebühren, Forschungsförderungsgelder und Auftragsforschung. So lukrieren wir die Mittel für unser Personal. Wir berufen hochkarätiges, auch international anerkanntes Personal. An die UMIT haben wir im Bereich Public Health und Health Technology Assessment auch einen Professor aus der Harvard Medical School berufen.

derStandard.at: Die Privatunis sind ja teilweise von Mitteln aus der Auftragsforschung abhängig. Sehen Sie diesbezüglich einen Widerspruch zur Freiheit der wissenschaftlichen Lehre und Forschung?

Tilg: Es braucht einen ausgewogenen Mix zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Auftragsforschung. Auftragsforschung wird ja auch an öffentlichen Universitäten betrieben.

derStandard.at: Wie werden sich die Privatuniversitäten Österreichs weiterentwickeln?

Tilg: Den Privatuniversitäten steht eine gute Zukunft bevor, weil Sie sehr modern und wettbewerbsfähig sind. Sie haben eine starke marktwirtschaftliche Kompetenz, das ist wichtig, denn künftig werden sich öffentliche Universitäten zu einem erheblichen Teil auch selbst finanzieren müssen. In den USA ist es längst üblich, dass eine Universität zu 30 oder 40 Prozent basisfinanziert wird und die restlichen Mittel selbst akquiriert - sei es durch Forschung, durch Ausbildungsprogramme, Kooperationen mit der Wirtschaft, Charity Funding oder Sponsoring. Die Privatuniversitäten werden sich in diese Richtung noch stärker positionieren.

Wir haben außerdem das Privileg keine Altlasten zu haben. So können wir uns nach rein inhaltlichen Gesichtspunkten entwickeln. Deshalb sind wir sehr dynamische Einrichtungen, die neue Herausforderungen des Bildungsmarktes sehr schnell aufgreifen können um innovative Studienprogramme zu entwickeln. In zehn Jahren werden wir mehr Privatuniversitäten in Österreich haben, die sich zudem zu einer wichtigen Säule in der österreichischen Hochschullandschaft entwickelt haben werden.

derStandard.at: Was meinen Sie mit Altlasten an den öffentlichen Universitäten?

Tilg: Viel Energie wird an staatlichen Universitäten damit verbraucht, das Traditionelle anzufechten um etwas zu bewegen. Damit meine ich auch bekannte Grabenkämpfe, zum Beispiel Naturwissenschaftler gegen Geisteswissenschaftler oder die alt bekannten Kämpfe in den Senaten der staatlichen Universitäten. Dabei treffen traditionelle auf progressive Kräfte. Das könnte sehr produktiv sein, in den meisten Fällen ist das aber leider kontraproduktiv.

derStandard.at: An den öffentlichen Universitäten gibt es sehr wenig Frauen in Führungspositionen, vor allem gibt es wenige Professorinnen. Sieht die Situation an den Privatunis besser aus?

Tilg: Da herrschen leider auch an den Privatunis typisch österreichische Verhältnisse. Diesbezüglich sind alle Bildungseinrichtungen, Universitäten, Privatuniversitäten und Fachhochschulen angehalten, aktiver zu agieren. (Katrin Burgstaller/ derStandard.at, 25. April 2007)