Zwischen 50 und 70 Verkaufsstellen haben Ladstätter in ihr Sortiment genommen.

Foto: Ladstätter

Er geht vom Material aus. Von dessen Haptik.

Foto: Ladstätter

Als Florian Ladstätter die Modeszene als Partner für seine Schmuckstücke entdeckte, begann sein Aufstieg: Heute sind die Kreationen des Österreichers weltweit erhältlich.

Foto: Ladstätter

Accessoire, sagt Florian Ladstätter, das sei ein schönes Wort. Nicht die Hauptsache beschreibe es, sondern das Beiwerk. Etwas, das allein nicht lebensfähig sei. Genauso wie die großen, ineinander verschlungenen Ketten, die monströsen Ringe oder die Kunstharzkronen, die er selbst herstelle. Erst durch die Trägerin oder den Träger erwache der Schmuck zum Leben. Für sich allein sei er, genau genommen, gar nichts.

Florian Ladstätter ist kein bescheidener Mann. Über dem kleinen Kaffeehaustisch, hinter dem er einige Wochen vor seiner Ausstellung im Wiener MAK Platz genommen hat, wölbt sich sein mächtiger Brustkorb. Die Fülle seiner Haare ist Ehrfurcht gebietend – genauso wie die Inbrunst und Eloquenz, mit der er über jene Erzeugnisse spricht, mit denen er in den vergangenen vier, fünf Jahren zu einem der international aufregendsten Schmuckdesigner aufgestiegen ist. "Meine Kreationen sind nicht dazu da, unter einer Glasglocke betrachtet zu werden", sagt er und blickt dabei gedankenverloren in den Raum – so als entwickle er ein philosophisches Argument.

Das Denken der Dekonstruktion

Philosophie hat Ladstätter mehrere Jahre lang studiert. Nach seiner Ausbildung an der Metallklasse der Wiener Universität für angewandte Kunst ist der 1969 in Deutschland geborene und in Altlengbach aufgewachsene Ladstätter nach München gegangen und hat sich dort in das Denken der Dekonstruktion vertieft. Deleuze, Foucault, Derrida, die großen Lehrer der Antimetaphysik, nennt auch Ladstätter seine Säulenheiligen. Zum Konzeptionalisten, also einem, der das Denken über das Schaffen stellt, ist der Designer darüber nicht geworden. Was ein Schmuckstück zu bedeuten habe? Diese Frage findet Ladstätter ein bisschen blöde.

Er selbst geht vom Material aus. Von dessen Haptik. Den Möglich- und Unmöglichkeiten, die gewisse Stoffe bieten. Holzperlen kombiniert er mit buntem Plastik, Gießharz mit schnödem Glas. Der Kontrast interessiert ihn, die Wege, wie man ganz verschiedene Materialien kombinieren kann, ohne – wie er sagt – die Gesetze der Harmonie, der Proportion und der Schönheit durcheinanderzubringen. An ihnen hält Ladstätter fest – nicht als etwas Starrem, sondern als etwas, das jede Zeit für sich neu interpretieren muss. "Wird heute von Schönheit gesprochen, dann muss sie sofort gebrochen werden. Das interessiert mich nicht. Ich arbeite an neuen Formen von Schönheit."

An Jugendkulturen angelehnt

Im Bereich der Schmuckkunst hat Ladstätter da- mit Schiffbruch erlitten. Schmuckgalerien mit ihrer Konzentration auf das kunstfertig gearbeitete Einzelobjekt waren schlichtweg nicht der richtige Ort für die ungewöhnlichen, an Jugendkulturen angelehnten Kreationen. Der Aufstieg des Florian Ladstätter begann erst, als er die Modeszene als Partner für seine Schmuckstücke entdeckte – beziehungsweise diese ihn: "Im Dezember 2003 fuhr ich zusammen mit Sonja Bischur (auch sie ist eine Wiener Schmuckdesignerin, Anm.) nach London, und wir stellten dort Stylisten und Moderedakteuren unsere Erzeugnisse vor." Diese waren begeistert, und plötzlich fand Ladstätter seine XXL-Ketten oder lustvollen Körperobjekte aus Silikon in den wichtigsten britischen Lifestyle-Magazinen wieder.

Heute ist Florian Jewellery – so Ladstätters Label-Name – in der Modeszene weltweit ein Begriff. Flaniert man durch japanische Concept-Stores, sind die knalligen Ketten nicht zu übersehen; selbst Kate Moss posierte mit ihnen. Für die aktuelle Kollektion des Modemachers Hussein Chalayan entwarf Ladstätter gar eine Reihe von Show-Teilen. "Mir liegt der schnelle Rhythmus der Mode", erklärt der Designer die gut funktionierende Zusammenarbeit. "Ich bin niemand, der tagelang über ein Objekt nachdenkt. Mein Prinzip ist: raus damit."

Hauptproduktionsstätte: Sein Elternhaus

Zwischen 50 und 70 Verkaufsstellen haben Ladstätter in den vergangenen Jahren in ihr Sortiment genommen, die genaue Anzahl kann der Designer nicht benennen. "Derzeit laufen die Bestellungen, sollte das amerikanische Luxuskaufhaus Barney's, mit dem ich gerade verhandle, zuschlagen, dann würde sich diese Zahl sogar verdoppeln." Dabei ist Florian Jewellery im Wesentlichen noch immer ein Ein-Mann-Betrieb. Der Sitz der Hauptproduktionsstätte: das Elternhaus in Altlengbach.

Hier steht Ladstätter noch täglich selbst im Atelier. Bald werde er aber, erzählt er, umziehen.

In Wien habe er geeignete Räumlichkeiten für den Sitz seines Unternehmens gefunden. Aus Österreich weggehen wolle er nicht: "Ich habe mich nie beschwert über Wien", sagt er im Abgehen mit einem festen Händedruck, "aber ich habe London gebraucht." (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/20/04/2007)