Ein Mann und sein Gewehr: Ex-Marine Bob Lee Swagger (Mark Wahlberg) wird in "Shooter" zum Gejagten.

Foto: UIP

Wien - Wenn Bob Lee Swagger etwas gut kann, dann ist das schießen. In Afrika hat er als Scharfschütze der Marines gedient, bis er eines Tages als entbehrlich galt und in einem Einsatz aufgegeben wurde. Swagger hat sich alleine durchgekämpft und dann der Armee seine Dienste gekündigt. Seitdem lebt er als Eremit in den Bergen, weit weg von den Unwägbarkeiten der US-Politik.

Es ist ein altes Gesetz des Genrekinos, dass man vor seiner Berufung nicht flüchten kann. Das muss man an Antoine Fuquas Politthriller "Shooter" einfach akzeptieren, so unwahrscheinlich es auch ist, dass Swagger von einer Gruppe sinistrer Anzugstypen aufgesucht wird, die von ihm wissen wollen, wie er den US-Präsidenten ermorden würde. Natürlich willigt er ein. Natürlich handelt es sich um ein Komplott, in dem Bob Lee Swagger zum Gejagten wird - schließlich ist sein Name dem eines anderen Lone Gunman einfach zu ähnlich: Lee Harvey Oswald.

"Shooter" ist in mehrfacher Hinsicht ein Film, der Wert auf Zeitgenossenschaft legt. In seinem Überdruss bezüglich der Machenschaften der Politik unter George W. Bush findet er mit Swagger, den Mark Wahlberg als zähen Burschen mit Sinn für Sarkasmus verkörpert, das passende Subjekt: Er ist nicht einfach nur ein fallen gelassener Patriot, sondern auch eine hochtechnologische Waffe, die sich nun gegen den Erfinder richtet. Eine ganze Armada ist hinter ihm her, doch Swagger ist zu geschickt im Tarnen und darüber hinaus strategisch zu begabt, um einfach in eine Falle zu tappen.

"Shooter" basiert auf einer Romantrilogie von Stephen Hunter, der auch Filmkritiker der Washington Post ist. Womöglich ist das der Grund, warum man darin bestimmte Motive des US-Kinos wiedererkennen kann: Zum einen finden sich Anleihen an Paranoiathriller der 70er-Jahre, in denen ein Einzelner in eine konspirative Ordnung eingebunden wird, aus der es kein Entkommen gibt. Zum anderen gibt es Elemente von Veteranendramen wie "Rambo", die noch individuelle Durchsetzungskraft verklären. Fuquas auf Effizienz ausgerichtete Inszenierung peitscht das Geschehen vorwärts, als Katz-und-Mausspiel, das überraschende Wendungen nimmt.

Bemerkenswert ist "Shooter" nicht nur, weil er sich zwischen den mehreren Polen nicht entscheidet. Er zeigt auch überdeutlich, wie bestimmend wirtschaftliche Interessen für die Verschwörung sind - und dass selbst Senatoren (großartig fies: Ned Beatty) über Leichen gehen.

Mit dem Widerstandsgeist Swaggers, der sich wie MacGyver seine Waffen selbst bastelt und nötigenfalls auch selbst verarztet, beschwört der Film freilich ein recht ungebrochenes Heldentum, das sich an die Mythen des Westerns hält. Swagger steht damit in einer langen Tradition von Actionfilmfiguren, die ein wenig aufräumen müssen im eigenen Land. Er hat seine Gründe, und immerhin: Er schießt nie daneben. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.4.2007)