Essen, trinken, Schmäh führen, Karten spielen, politisieren und anbandeln - seit Jahrhunderten stellt das Wiener Wirtshaus als Ort der Geselligkeit einen Fixpunkt dar. Nun widmet ihm das Wien Museum eine von Ulrike Spring kuratierte Ausstellung, die einen Bogen von der ältesten bekannten Wiener Taverne bis zur jüngsten Beisl-Renaissance spannt.

Johann Michael Neder "In der Schenke", 1847, Öl auf Leinwand

Foto: Wien Museum

23 typische Wiener Wirtshäuser werden im Atrium des Wien Museums präsentiert - mit Originalobjekten, Speisekarten und Fotodokumenten. Bei aller Verschiedenheit gibt es typische Merkmale: von der Stehschank mit der wuchtigen Kühlwand und dem Stammtisch bis zur Schiefertafel mit den Klassikern der Wiener Fleischküche.

Foto: derStandard.at/Gedlicka

Insgesamt rund 700 Objekte stehen auf dem "Menüplan" der Ausstellung von Hauszeichen, Möbeln und Plakaten...

Wiener Stadtbräu, 1920er-Jahre, Emailschild

Foto: Privatbesitz

... bis zu historischen Küchengeräten, Geschirr, Filmausschnitten und Kunstwerken.

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Nicht fehlen neben Bier und Wein dürfen als Hauptfiguren Wirt und Wirtin.

Der müde Wirt, um 1905

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Die meisten Wirtshäuser gab es in Wien Anfang des 20. Jahrhunderts, ein erster Boom hatte im späten 19. Jahrundert eingesetzt. Veränderte Konsumgewohnheiten führten spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem "Wirtshaussterben".

Gastwirtschaft Wilhelm Hacker, 1930er-Jahre, Ansichtskarte

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Heute gibt es wieder eine vitale Wirtshausszene in Wien, wobei das Ideal für viele durch das schlichte, klassische Wirtshaus verkörpert wird. Es dominiert die bekannte braune Holztönung. Wolfgang Kos vermutet, dass "das Bild heute wahrscheinlich homogener ist als es etwa 1965 war".

Gerhard Wasserbauer "Heidinger's Gasthaus", 1991

Foto: Gerhard Wasserbauer

Dass das Wiener Wirtshaus als Mythos hinter Kaffeehaus und Heurigem rangiert, hat nach Ansicht von Kos seinen Grund darin, dass es für "städtischen Normalbetrieb" steht. Es sei ein "Mikrokosmos des Alltäglichen".

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In einem Fokus der Ausstellung stehen auch Vereine und Stammtisch. Während in der Anfangsblüte des Vereinswesens noch die literarischen, politischen oder "Wissenvereine" dominierten, rückte später immer mehr das Hobby in den Mittelpunkt, von Taubenzüchten bis zu Fußball. Untrenntbar mit der Wirtshausgeschichte verbunden: die zahlreichen "Sparvereine".

Sparverein "Adabei", um 1920, Holztafel

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In der Ausstellung als typisches Wiener Wirtshaus ist auch das traditionsreiche Gasthaus Quell in Rudolfsheim-Fünfhaus vertreten, das sich schnell zum "Kultbeisl" entwickelte. Einen Fixplatz hat das Quell auch in der Ostbahn-Kurti-Mythologie, saßen hier doch der Musikant und sein "Trainer" beisammen, um neue Nummern auszuhecken.

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Im Atrium bietet das Wien Museum auch wieder Spielmöglichkeiten für Kinder. Unter dem Motto "Kinderwirtschaft" stehen dem Nachwuchs eine eigene Spiel-Schank und Stammtische zur Verfügung. (glicka)

Zum Thema: Tschecherln und Nobelbeisln - Topfenpala und Kolatschen - Wer war schuld am Beislsterben? Der Chines', der Jugo mit seinen Tschiwawerln und der Italiener - von Roman David-Freihsl

Ausstellung "Im Wirtshaus"
Wien Museum Karlsplatz
1040 Wien
19. April bis 23. September
Di bis So und Feiertag, 9 bis 18 Uhr
www.wienmuseum.at

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