Thomas Rohr: "Die Ursachen für den rasanten Preisanstieg haben vor allem damit zu tun, dass nach wie vor zu viel Geld für Veranlagungen in Immobilien am Markt ist."

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Früher konnte man mit Kauf und Verkauf von Zinshäusern in Wien ein Vermögen machen. Heute ist alles anders, denn es gibt kaum noch käufliche Zinshäuser. Wie geht's weiter? Das verrät Thomas Rohr im Gespräch mit Gerhard Rodler.

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STANDARD: Ihr Maklerbüro ist unter anderem auf die Vermittlung von Zinshäusern spezialisiert. Immer öfter hört man, dass es am Markt bald keine Angebote mehr geben wird.

Thomas Rohr: Ich darf Sie beruhigen. Wir sind aktiver denn je und vermitteln mit unseren 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alle Arten von Immobilien - und eben nicht nur Zinshäuser. Aber es stimmt, es gibt am Wiener Zinshausmarkt derzeit wesentlich mehr Nachfrage als Angebote. Der Zinshausmarkt hat sich in den letzten Jahren stark verändert.

STANDARD: Sind die klassischen Zinshausspekulanten nicht zuletzt dank besserer Gesetze zurückgedrängt worden?

Rohr: Früher haben 400 bis 500 Insider den Markt dominiert und untereinander aufgeteilt, heute sind Zinshäuser ein viel breiteres Thema. Private, aber auch institutionelle Anleger wie Immobiliengesellschaften, Banken, Versicherungen und Fonds interessieren sich immer stärker für das Wiener Zinshaus. Erstmals fallen auch ausländische Interessenten ins Gewicht.

STANDARD: Warum verkaufen neuerdings so wenige Eigentümer ihre Zinshäuser?

Rohr: Vor allem deshalb, weil der ursprüngliche Gedanke der kurzfristigen Spekulation heute eher im Hintergrund steht. Die Investoren wollen ihre Zinshäuser jetzt wesentlich langfristiger behalten.

STANDARD: Das Angebot bleibt also auch in Zukunft gering?

Rohr: Ja, davon gehe ich aus. Und das bedeutet wiederum, dass die Preise weiter stark steigen werden.

STANDARD: Die Preise steigen schon seit 2000. Wie lange kann das noch so weitergehen?

Rohr: Um es vorwegzunehmen: An eine Zinshausblase, die platzen könnte, glaube ich nicht. Anfang der Neunzigerjahre war die Situation angespannter: Die Zinshäuser waren damals oft zu 100 Prozent mit Krediten finanziert, die Preise sind jenseits der Realität gestiegen. Das war natürlich extrem gefährlich.

STANDARD: Nehmen wir das Beispiel Wiener Innenstadt her. Seit dem Jahr 2000 haben sich die Zinshauspreise mehr als vervierfacht. Ist das nicht auch jenseits der Realität?

Rohr: Die Banken sind heute wesentlich vorsichtiger. Man kann nicht mehr so einfach einen Kredit bekommen wie früher. Die Ursachen für diesen rasanten Preisanstieg - und der wird sich meiner Meinung nach vorerst noch fortsetzen - sind anderer Natur. Es hat vor allem damit zu tun, dass nach wie vor zu viel Geld für Veranlagungen in Immobilien am Markt ist. Durch die Marktanpassung des Mietrechtsgesetzes werden zunehmend auch Wohnimmobilien gekauft.

STANDARD: Welche Auswirkungen bringt das mit sich?

Rohr: Es gibt mittlerweile ausländische Fonds, die sogar einzelne Wohnungen in Wien kaufen. Diese institutionellen Investoren veranlagen insbesondere bei Wohnimmobilien eher langfristig. Beim Zinshaus-Crash im Frühjahr 1992 ist der Marktpreis über Nacht um 30 bis 40 Prozent gefallen, weil ganz einfach zu viele Zinshäuser gleichzeitig abgestoßen wurden. Eine Wiederholung dieses Szenarios halte ich für ausgeschlossen.

STANDARD: Wird man denn mit Zinshäusern reich?

Rohr: In der Wiener Innenstadt liegen die Renditen derzeit bei 2,5 Prozent, innerhalb des Wiener Gürtels bei 3 bis 3,5 Prozent und in den äußeren Bezirken bei 4 bis 4,5 Prozent. Noch tiefer sind die Renditen im so genannten "Goldenen U", also rund um Kohlmarkt, Graben und Kärntner Straße. Da muss man sich mit einer durchschnittlichen Rendite von zwei Prozent begnügen. Die Antwort auf Ihre Frage: Nein, schnelle Gewinne sind heute nicht mehr realisierbar. Langfristig ist die Veranlagung in Grund und Boden jedoch nach wie vor die sicherste Anlageform. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15.4.2007)