Papillomaviren verursachen Gebärmutterhalskrebs und werden beim Sex übertragen, Kondome schützen nicht.

Grafik: MEDSTANDARD/Digene
Freitag sei ein guter Tag gewesen, sagt Elmar Joura. An dem besagten Freitag untersuchte er eine Patientin, die rechtzeitig zu ihm gekommen war. Der Oberarzt der onkologischen Gynäkologie am AKH in Wien diagnostiziert Gebärmutterhalskrebs, "aber noch in einem sehr frühen Stadium", sagt er. Die meisten Frauen kämen viel später.

Keine häufige Krebsart

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Gebärmutterhalskrebs kommt nicht häufig vor. Von rund 3,59 Millionen über 15-jährigen Österreicherinnen erkranken durchschnittlich 500. Die Tumoren im Unterleib führen auch nicht die Liste der kaum zu bekämpfenden Krebsformen an. Umso schlimmer ist es, dass trotzdem 30 Prozent der betroffenen Frauen in Österreich an dieser meist heilbaren Krankheit sterben.

Zu spät zum Abstrich

Für Ärzte liegt der Grund auf der Hand. Nur ein Drittel der über 20-jährigen Frauen geht einmal jährlich zur Vorsorge. Gerade die Hälfte kommt alle drei Jahre. Auch das ist noch viel zu wenig, denn "ein Zellabstrich reicht, um krankhafte Veränderungen zu erkennen, bevor sich Tumore bilden", sagt Elmar Joura. Nur in den wenigsten Fällen verläuft der Krebs so aggressiv, dass er nicht zu bekämpfen ist.

Pionierarbeit

Um dessen Ursachen stritten Experten lange. Der Virologe Harald zu Hausen war es, der eine winzige einfach umhüllte Erbgutinformation als Übeltäter erkannte: die humanen Papillomaviren (HPV). "Als ich das erste Mal davon berichtete, erntete ich eisiges Schweigen", erinnert sich zu Hausen. Doch zehn Jahre später konnte er seine Behauptung beweisen: Seine Arbeitsgruppe isolierte die Stämme HPV 16 und kurz darauf HPV 18 aus den Karzinomen.

Papillomaviren dringen ein

Damit hatten sie die perfidesten viralen Vertreter gefunden. Sie verursachen 70 Prozent aller Gebärmutterhalstumoren. Die restlichen 30 Prozent verteilen sich auf die über hundert weiteren Artgenossen. Zu Hausen geht davon aus, dass nahezu jeder Gebärmutterhalskrebs von Papillomaviren verursacht wird. "Die Erreger dringen in die Zellen ein und schalten deren Selbstzerstörungsmechanismus aus", erklärt er.

Weniger als erwartet

Dabei sind die Krankheitskeime durchaus verbreitet. In dem US-Fachmagazin Jama (Jama 2007; 297: 813-819) kommen Wissenschafter zu dem Ergebnis, dass mit 26,4 Prozent der untersuchten Frauen mehr als angenommen mit HPV infiziert seien. Jedoch würden nur knapp 1,5 Prozent die gefährlichen vier Virentypen tragen. Das hingegen sei entschieden weniger, als die Autoren erwarteten, "entspricht jedoch etwa den Daten für Österreich", sagt Joura, weist aber darauf hin, dass die Studie weitere 17 Prozent Frauen identifizierte, die bereits HPV-Infektionen der riskanten Art unbemerkt überstanden hatten.

Übertragung durch Geschlechtsverkehr

Übertragen werden die Viren hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr. Damit gehört die Papillomaviren-Infektion zu den meistverbreiteten Sexualkrankheiten. Männern haben die Viren nur selten etwas an. Und auch bei Frauen ist die Abwehr meist stark genug, aber eben leider nur meistens.

Infektion mit HPV 18

Das Fatale an den Erregern ist, dass sie sich in den Zellen der Gebärmutter verstecken und damit für die übergeordnete Körperabwehr unangreifbar werden. "Die Tumoren treten bei den 40 bis 45-Jährigen und den über 65-Jährigen am häufigsten auf", berichtet Joura. Während die Krankheitszunahme bei den Älteren auf ein schwächeres Immunsystem zurückzuführen ist, scheinen bei den jüngeren Frauen wiederholte Infektionen das Risiko zu erhöhen "Besonders die Infektion mit HPV 18 kann einen sehr aggressiven Verlauf nehmen", so Joura.

Impfung

Doch Hilfe liegt eigentlich ganz nah. Denn Harald zu Hausen hat nicht nur die Ursache einer Krankheit entdeckt, sondern auch eine Impfung mitentwickelt. Dabei bedient man sich der harmlosen Hülle des Virus und kombiniert sie mit Stoffen, die das Immunsystem anregen. "Die nahezu 100-prozentige Wirkung gegen die vier häufigsten krankheitserregenden Viren ist seit mehr als viereinhalb Jahre erwiesen.

Kostenübernahme

Etwa 70 Prozent der Gebärmutterhalskrebs-Erkrankungen könnten so verhindert werden, schätzen Experten. Eigentlich - denn bislang bezahlen österreichische Krankenkassen die Prophylaxen noch nicht.

Ein Ersatz für die Krebsvorsorge sei der Schutz allerdings nicht, warnen Mediziner unisono und denken bereits über die Impfung von Jungen nach - um Frauen vor der Übertragung, aber auch Männer selbst zu schützen. "Etwa 3000 Männer in den USA erkranken durch HP-Viren an Tumoren im Genital-, und weitere 7000 im Hals-Nasen-Ohrenbereich", warnt Joura. (Edda Grabar/MEDSTANDARD/16.04.2007)