Kaum verfügbare Wohnungen in den Städten
Magda hilft das nicht weiter. Denn zurzeit hat sie kein Dach mehr über dem Kopf - ein fundamentales polnisches Problem. In den großen Städten gibt es kaum noch verfügbare Wohnungen, das Warschauer Consultingunternehmen Rednet hat errechnet, dass im gesamten Land weit über 1,5 Millionen Wohnungen fehlen. Das sind rund zehn Prozent des Gesamtbestandes. Dagegen erscheinen die rund 100.000 Wohnungen, die derzeit jährlich neu gebaut werden, als Tropfen auf den kochend heißen Stein.
"In Wahrheit ist das Problem noch weit größer", erklärt Rednet-Präsident Robert Chojnacki, "allein in Warschau sind 41 Prozent der bestehenden Häuser in derart schlechtem Zustand, dass sie nicht mehr sanierbar sind, sondern abgerissen werden müssten". In ähnlichem Ausmaß treffe dies auf alle Großstädte zu. Der Grund: Diese Häuser wurden kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit einfachsten Mitteln errichtet. Heute handelt es sich dabei praktisch um unsanierbare Bauruinen.
Wohnungen unleistbar
"Mit meinem Einkommen ist es praktisch unmöglich, sich allein eine Wohnung zu leisten", sagt Magda. Die aktuellen Rednet-Statistiken liefern den Beweis: Ende 2004 betrug der durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Neubauwohnung in Warschau noch 4341 Zloty (rund 1000 Euro), heute sind es knapp 8000 Zloty (2000 Euro). Hinzu kommt, dass die angebotenen Wohnungen - wie dies in Polen durchaus üblich ist - im Edelrohbau übergeben werden. Um die Wohnung tatsächlich bewohnbar zu machen, sind nochmals bis zu 500 Euro pro Quadratmeter lockerzumachen.
Kein Wunder also, wenn sich die ganze Immobilienwelt gerade in Polen trifft, um hier Wohnungen zu bauen. Polnische Unternehmen, Israelis, Franzosen, Spanier und Österreicher wie beispielsweise der Wiener Ostpionier UBM - sie alle beteiligen sich am anhaltenden Wohnungs-Hype in Polen. Gleich mehrere Developer stürzten sich auf ein 147 Hektar großes Gelände am Rande Warschaus, das seinerzeit vom polnischen Softwareriesen Prokom angekauft wurde. Trotz des stolzen Quadratmeterpreises von 11.000 Zloty (knapp 3000 Euro) wurden alle 8000 Wohnungen ab Plan verkauft.
Spekulationsrausch
Mittlerweile haben es sich findige Polen zum einträglichen Geschäft gemacht, solche Wohnungen anzuzahlen, um diese knapp vor Fertigstellung mit einem Gewinnaufschlag von 30 bis 40 Prozent wieder am Markt anzubieten. Man könnte von einem wahren Immobilienspekulationsrausch sprechen: Neuerdings kaufen die Polen zu Spekulationszwecken nicht nur bestehende Wohnungen auf, sondern ganze Baugründe. Damit bewirken sie, dass sich die Grundstückspreise - beispielsweise um Warschau und um Krakau - in den letzten Monaten glatt verdoppelt haben. In diesen guten Lagen haben die Wohnungspreise mittlerweile das vergleichbare österreichische Niveau überschritten.
In Warschaus Zentrum entsteht ein Wohnturm aus der Feder von Architekt Daniel Libeskind. Mit seinen 251 Luxusapartements darf das Bauvorhaben des französisch-polnischen Bauträgerriesen Orco bereits jetzt als teuerster Hort über dem Warschauer Himmel erachtet werden. Folgerichtig erinnern die Quadratmeterpreise eher an die Park Avenue in New York als an Warschau.
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