Knäckebrot machte den Anfang. Heute sind die Light-Produkte aus den Regalen nicht wegzudenken

Foto: Matthias Cremer
Wien - In den Küchen von Kelly wird derzeit emsig geforscht und getestet. Der Chipsproduzent hat sich lange dagegen gewehrt, auf der Lightwelle mitzuschwimmen. Jetzt sucht der Konzern dennoch Rezepte für stark fettreduziertes Knabbergebäck, sagt Kelly-Chef Wolfgang Hötschl dem Standard. "Das braucht völlig neue Technologien, wir müssen am gesamten Produkt drehen." Die Chips von Konkurrenten mit einem Drittel weniger Fett seien ihm zu wenig light.

Hötschl macht jedoch kein Hehl daraus, dass für ihn der Trend zu Zucker- und Fettfreiheit ins Absurde führt. Die Ursachen für die zunehmende Fettleibigkeit der Gesellschaft seien in erster Linie falsche Lebensgewohnheiten. Was die Kalorienbombe Chips betrifft, so esse ein Österreicher davon im Jahr durchschnittlich nur ein Kilo. Hötschl: "Das Ganze ist Augenauswischerei." Einige Produzenten als die Bösen darzustellen gehe ins Leere.

Der zweite Anlauf

Geboren wurde die Light-Bewegung in den 80er-Jahren. Marktkenner prophezeiten einen ungeheuren Boom, der jedoch ausblieb. Denn fettarmes Jogurt schmeckte sauer und "schlanker Käse" wie Gummi. Die Industrie tüftelte daher an neuen Produktionsmethoden - und mittlerweile sind magere Milchprodukte und künstlich gesüßte Getränke aus den Regalen nicht wegzudenken.

In den Labors internationaler Konzerne wird hinter den Kulissen immer tiefer in Lebensmittel-Zusammensetzungen eingegriffen, sagen Experten. Ziel sei, den Energiegehalt auch sehr komplexer Nahrungsmittel stark zu reduzieren. "Käse bleibt Käse, auch mit weniger Fett. Das hat nichts mit einer Hexenküche zu tun", sagt Ulf Schöttl, Marketingchef der Berglandmilch. Die Molkerei erzeugt unter anderem elf Sorten leichten Käse und wachse damit zweistellig.

Fette Schlankheits-Nische

Mitbewerber Nöm hat das Fasten-Sortiment auf 28 Artikel erweitert. "Die Nachfrage ist stark, der Trend geht eben zu fettarmer Küche", sagt Vorstand Alfred Berger. "Es gibt auch keine geschmacklichen Einbußen mehr." Er schätzt den Anteil der Light-Produkte in der Milchpalette auf 20 Prozent. Auch Nöm selbst mache damit in Österreich ein Fünftel des Geschäfts. Zum Kalorienzähler ist auch der Konfitüren-Hersteller Klaus Darbo geworden. Er bietet seit Kurzem drei "schlanke" Marmeladensorten an. "Es gibt dafür einen Markt - wir müssen eben alle Nischen besetzen." Selbst die deftigen Speckproduzenten ziehen mit.

Handl in Tirol etwa sieht sich nicht gerade prädestiniert für das magere Geschäft, verkauft aber dennoch seit 2006 Schinken light mit nur drei Prozent Fett. "Es entwickelt sich gut", sagt Firmenchef Stefan Frank. Er hat aber seine Zweifel am Sinn dieser "Diät". "Die Leute werden trotzdem dicker, und die Pharmaindustrie profitiert."

"Man kommt um Light nicht herum", sagt Almdudler-Chef Gerhard Schilling. Almdudler sei einer der ersten Limonadenhersteller gewesen, die auf den Zug aufsprangen. Heute mache das kalorienarme Kracherl über zehn Prozent des Geschäfts aus. Allein im Gasthaus sei Light kein Selbstläufer. "Da geht es um Genuss."

Ernährungsexperten wie Tina Bräutigam bezweifeln, dass Light die Kilos schmelzen lässt. "Süßstoff regt den Heißhunger erst an." Zuckeraustauschstoffe bergen Zusätze, die Unverträglichkeit auslösen könnten. Und für viele sei light ein falscher Freibrief um unkontrolliert zu schlemmen. (Verena Kainrath, DER STANDARD print, 13.4.2007)