Die Burgschauspielerin Gusti Wolf (hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2002) feiert ihren 95. Geburtstag.
Foto: HERBERT P. OCZERET

Wien - "In jungen Jahren fragte ich einen großen Schauspieler: 'Glauben Sie, dass aus mir was werden kann?' - Er: 'Wenn du durchhältst - dann wirst du auch was!' Ich habe durchgehalten". Diese Anekdote stammt aus Gusti Wolfs 2001 erschienenen Erinnerungen. Am Mittwoch, 11. April begeht die große österreichische Charakterdarstellerin, die noch immer mit kindlichem Charme bezaubert, ihren unglaublichen 95. Geburtstag.

Das Burgtheater, dem Gusti Wolf seit über 60 Jahren angehört, feierte sein Ehrenmitglied an ihrem Geburtstag mit einem Empfang für geladene Gäste im Foyer.

Früher Verlust der Mutter

Durchhaltevermögen, aber auch ihre positiv-neugierige und bescheidene Einstellung zählen zum Lebensrezept der Jubilarin, die 1912 in eine Wiener Arbeiterfamilie geboren wurde und ursprünglich Malerin werden wollte. Auch wenn sie betont, eine glückliche Kindheit gehabt zu haben - leicht hatte die kleine Gusti es nicht. Ihre Mutter starb, als sie 16 Monate alt war. Als junges Mädchen wurde sie in der Familie des Malers Felix A. Harta aufgenommen, in dem sie einen wichtigen Förderer fand.

Promptes Engagement

Schauspielunterricht hatte das "herzige" junge Wiener Mädel nicht, das sich hoffnungsvoll-naiv bei einem Vorsprechen am Wiener Raimundtheater beteiligte und prompt engagiert wurde. Ihre erste Rolle 1931 in "Osterhäschens Abenteuer" schien aber nicht repräsentativ genug, um sie später als Debüt in den Biografien anzuführen. Diese beginnen mit ihrem Eintritt als Elevin bei Erich Ziegel an die Wiener Kammerspiele.

In Stella Kadmons legendärem Kabarett zum "Lieben Augustin" entdeckten Fritz Grünbaum und Karl Farkas ihr komisches und musikalisches Talent und schrieben für Gusti Wolf und für die Kammerspiele zwei Revuen, die über 100 Mal gespielt wurden. Es folgten Lehr- und Wanderjahre, die sie über Mährisch-Ostrau 1937 an die Münchner Kammerspiele zu Otto Falckenberg brachten, der ihr Lehrmeister werden sollte. "Von ihm habe ich alles gelernt, auch das wichtigste in diesem Beruf: Disziplin", sagte sie später.

Einprägsame Rollen

Seit 1937 ("Die unentschuldigte Stunde" und "Austernlilli") stand Gusti Wolf auch immer wieder vor der Filmkamera und arbeitete seit den 60er Jahren auch regelmäßig für das Fernsehen. Regisseure wie Gustav Ucicky, Wolfgang Liebeneiner, Ernst Marischka oder Peter Hajek ("Wenn das die Nachbarn wüßten") haben ihren äußerst einprägsamen Typ oft verlangt. Zu ihren prominentesten Fernsehfiguren zählen die "Mutter Kottan" und Rosa in der Serie "Rosa und Rosalind" nach dem Drehbuch von Christine Nöstlinger.

Die ganze Weltliteratur gespielt

Über die Berliner Volksbühne und das Wiener Volkstheater kam Gusti Wolf 1946 ans Burgtheater. Hier hat sie sich in sechs Jahrzehnten von Kinderrollen (mit Ende 30) wie der Adelheid in Hauptmanns "Biberpelz" über ihren unvergesslichen "Puck" im "Sommernachtstraum" bis zu den Großmüttern durch die ganze Weltliteratur gespielt. Von Nestroy über Schnitzler und Hofmannsthal bis zu Horvath und zeitgenössischen Stücken reichte ihr Repertoire - naiv, nachdenklich und poetisch konnte sie sein, und vor allem Absurdes und feinst Skurriles war bei Gusti Wolf bestens aufgehoben.

Ehrungen

Zum 85. Geburtstag und zum Jubiläum ihrer 50-jährigen Burgtheaterzugehörigkeit schenkte ihr der damalige Burgtheater-Direktor Claus Peymann ihr Wunsch-Stück "Harold und Maude". Zuletzt stand sie im Herbst 2006 als "Fremdenführerin" in der Mozartjahr-Produktion "Mozartwerke GmbH" auf der Bühne.

Gusti Wolf hat im Lauf ihres Theaterlebens zahlreiche Ehrungen erhalten, darunter 1985 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich 1. Klasse, 1993 den Nestroy-Ring der Stadt Wien und 1998 das Goldene Ehrenzeichen des Landes Wien. Seit 1966 ist sie Kammerschauspielerin, im Jahr 2000 wurde ihr der Berufstitel Professor verliehen.

Leben leben

Privat war die Schauspielerin 13 Jahre lang mit dem 1968 verstorbenen Bühnenbildner Teo Otto liiert, dessen künstlerischen Nachlass sie nach seinem Tod betreut und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. In ihren Erinnerungen "Gusti Wolf erzählt aus ihrem Leben" zieht sie ein Resümee, wie es sich wohl jeder in ihrem Alter wünschen würde: "Es wird mir bewusst, dass ich mein Leben bisher so gelebt habe, wie ich es mir vorgenommen habe zu leben." (APA)