Bewertung nach drei Kriterien
Die mit einer Droge verbundenen Risiken bewerteten die Wissenschafter um Professor David Nutt von der Universität Bristol nach drei Kriterien: Der gesundheitlichen Gefahr für den Konsumenten, dem Suchtpotenzial und den Folgen des Konsums für die Gesellschaft. Untersucht wurden 20 verschiedene Drogen, darunter Heroin, Kokain, Ecstasy, Amphetamine und LSD.
Gesamtrisiko
Die Forscher Mediziner verschiedener Disziplinen sowie Vertreter von Polizei und Justiz mit wissenschaftlichem oder medizinischem Hintergrund berechneten das von jeder Droge ausgehende Gesamtrisiko. Am Ende waren sich alle Experten in ihrer Einschätzung einig, und stehen damit in radikalem Widerspruch zu der britischen und auch zur deutschen Klassifikation.
Heroin und Kokain am gefährlichsten
Demnach sind zwar erwartungsgemäß Heroin und Kokain am gefährlichsten, gefolgt von Barbituraten und Schwarzmarkt-Methadon. Auf Platz fünf aber folgt Alkohol. Tabak rangiert auf Rang neun und liegt damit zwei Plätze vor Cannabis. Vergleichsweise weit hinten wurden LSD und Ecstasy eingestuft auf dem 14. und 18. Platz.
Widerspruch zur Gesetzeslage
Diese Rangliste widerspricht der gängigen Gesetzeslage: In Großbritannien etwa werden Drogen in drei Gruppen unterteilt, vorgeblich nach ihrem jeweiligen Risiko. Aber Alkohol und Tabak sind legal erhältlich, während der Konsum von Cannabis und Ecstasy strafbar ist. Auch schon frühere Gutachten, darunter erst im vorigen Jahr die Studie eines parlamentarischen Gremiums, hatten die wissenschaftlichen Grundlage der britischen Drogenklassifikation angeprangert.
"Das gegenwärtige System ist schlecht durchdacht und beliebig", sagt Nutt. "Der Ausschluss von Alkohol und Tabak aus der Drogengesetzgebung ist aus wissenschaftlicher Perspektive willkürlich", schreiben die Forscher in der Studie.
Gesellschaftlicher Schaden
Tabak verursacht demnach einen Großteil der in Krankenhäusern behandelten Erkrankungen, Alkohol ist an über der Hälfte aller Notaufnahmen in Kliniken beteiligt. Darüber hinaus schädigt diese Droge die Gesellschaft anderweitig, zerrüttet Familien und sorgt immer wieder für Polizeieinsätze.
Grundlage für Diskussionen
Nutt hofft, dass die Studie eine Diskussion in Großbritannien und anderen Ländern über den Umgang mit Drogen auslöst. Zwar sind die Klassifikationssysteme in jedem Land unterschiedlich, aber auf wissenschaftlichen Kriterien basieren sie nirgendwo. Das von dem Experten vorgeschlagene System könnte nun als Rahmen für internationale Bestimmungen dienen.
Evidenz-basierten Klassifikation von Drogen
"Die Studie ist ein Meilenstein", sagt der Pharmakologe Leslie Iversen von der Universität Oxford, der an der Untersuchung nicht beteiligt war. "Sie ist der erste Schritt hin zu einer Evidenz-basierten Klassifikation von Drogen." Gemäß den Resultaten dürften Alkohol und Tabak eigentlich nicht weiter aus Drogenbestimmungen ausgeschlossen werden.