Durch positive Umfragewerte beflügelt, will Berlusconi seinen Nachfolger so rasch wie möglich stürzen - auch um den Preis einer Brüskierung von UNO und Nato. Bei einer Niederlage bei der Abstimmung im Senat, die am Dienstagabend stattfinden sollte, wäre Prodi sein Amt als Premier endgültig los. Gleichzeitig müsste Italien über 8000 Soldaten aus den Krisengebieten der Erde abziehen - 2100 aus Afghanistan, 2450 aus dem Libanon, 2500 aus dem Balkan, der Rest aus weiteren 15 Ländern.
Letzte Chance
Diesen "Akt politischer Verantwortungslosigkeit" wollten die Christdemokraten zum Ärger des Cavaliere nicht mittragen. "Wir müssten uns vor aller Welt schämen", findet Pier Ferdinando Casini. Berlusconis Vorwurf, er sei Prodis Steigbügelhalter, weist der Christdemokrat entschieden zurück: "Wir wollen, dass diese Regierung rasch zurücktritt. Aber wir sind nicht bereit, unseren Soldaten in den Rücken zu fallen." Dagegen witterte Berlusconi im Senat seine letzte Chance, den ungeliebten Rivalen noch vor dem Sommerpause aus dem römischen Chigi- Palast zu vertreiben. Auch die Mahnung von Staatspräsident Giorgio Napolitano, "internationale Verpflichtungen nicht zum Gegenstand innenpolitischer Querelen zu machen", verhallte ungehört. "Die lautstarke Politik kontinuierlicher Konfrontation" schade dem Land, warnte der Präsident. Dank Unterstützung der oppositionellen Christdemokraten war am Dienstag die Gefahr einer Niederlage Prodis gebannt - und auch die seines endgültigen Abtritts.