Ursula Xell-Skreiner, Anwältin.

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Die Frühlingssonne überstrahlt sich täglich selbst, Frühjahrsgefühle werden wach – und somit auch der lang gehegte Wunsch nach einer eigenen, helleren Wohnung. Angebote gibt es viele, Vermittler allerorts.

Im Glückstaumel über die Entdeckung der lang ersehnten, schmucken Dachterrassenwohnung unterzeichnete ein jung vermähltes Paar dem Makler flugs ein Formular, das mit "Kaufanbot" übertitelt war. Beim Unterschreiben dachten die Ahnungslosen, dass sie die Wohnung nur reserviert hätten – für den Fall, dass sich keine bessere Bleibe finden sollte. Das war der Eindruck, den man im Gespräch mit dem Makler gewonnen hatte. Adresse, Preis, Nebengebühren und sogar der Vertragserrichter waren bereits vorgeschlagen. Nähere Gedanken machte man sich darüber nicht.

An Eigenkapital war nur ein Drittel des Kaufpreises vorhanden, weshalb eine Finanzierung unumgänglich war. Als erste Enttäuschung lehnte die Hausbank eine Finanzierung der Wohnung ab: zu teuer, keine ausreichenden Sicherheiten. Eine Pilgerreise von Bank zu Bank blieb gleichfalls erfolglos.

Doch es kam schlimmer. Der Eigentümer der Dachterrassenwohnung forderte plötzlich zur Unterschrift des nicht finanzierbaren Kaufvertrags auf. Zunächst glaubte man noch an einen schlechten Scherz. Man hätte die Wohnung ja nicht genommen. Der Albtraum wurde in Gestalt einer Klage auf Zuhaltung des Kaufvertrags Realität. Grund: Das Kaufanbot wurde vom Verkäufer durch Gegenzeichnung in Abwesenheit des jungen Paares akzeptiert. Was die jungen Interessenten nicht wussten: Die vorbehaltslose Unterfertigung eines Kaufanbots und seine Annahme durch den Verkäufer reichen für das Zustandekommen eines Kaufvertrags völlig aus! Die Unterschrift vor dem Notar dient lediglich noch der Form fürs Grundbuch. Die bloße Annahme des Kaufanbots reicht außerdem für die Verdienstlichkeit des Maklers und somit für die Fälligkeit seiner Provision aus!

Der großmütige Verkäufer hatte schließlich doch noch Erbarmen und erklärte sich bei Gericht mit einer Abschlagszahlung von bescheidenen 75.000 Euro einverstanden. Dies sei sein Schaden, zumal das zweitbeste Anbot um eben diesen Betrag geringer gewesen wäre. Auch der freundliche Anwalt ließ von seinem tariflichen Honorar etwas nach. Eisern blieb der Makler. Sein gutes Recht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.3.2007)