Die Stimmung in der Kripo ist schlecht, sagte der Personalvertreter der Kriminaldirektion 1 (KD 1), Armin Ortner. Heikle Ermittlungen würden derzeit nicht gerne geführt, "weil es sehr heiß ist, wenn man wo hingreift". Die Beamten wollen nicht die nächsten sein, die von Unterweltgrößen mit einer nicht korrekten Vorgangsweise in Verbindung gebracht werden.
Mehr oder weniger verschwiegen
Das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) nimmt zu den Ermittlungen in der Affäre nicht mehr Stellung. Inhaltliches sagte auch Oberst Rudolf Gollia, Sprecher des Innenressorts, nicht: "Das BIA ermittelt auf zwei Schienen: Die Ergebnisse werden der Dienstaufsicht der Bundespolizeidirektion Wien für Fragen des Disziplinarrechts sowie der Staatsanwaltschaft Wien zur strafrechtlichen Beurteilung vorgelegt." Es gelte Amtsverschwiegenheit - übrigens auch für die beteiligten Personen. Zumindest Horngacher vertraut sich dabei dem Boulevard an.
Ominöse Sperrlisten
Eine der Haupt-Ermittlungsschienen des BIA dürfte derzeit die so genannten Sperrlisten betreffen, die im Zentrum der von Angehörigen des Rotlichtmilieus - öffentlich - erhobenen Korruptionsvorwürfe stehen. Die Frage lautet: Hatten die Sperrlisten die Aufgabe, Lokale vor Kontrollen durch die Polizei zu schützen? Oder handelte es sich dabei um Listen, die zur besseren Koordination von Ermittlungen dienten?
Nach der ersten Version waren etwa 300 Lokale auf den Listen und wurden gegen Zahlung von einigen hundert Euro von Kontrollen ausgenommen. Das soll Teil des Services des so genannten Nokia-Clubs gewesen sein, den ein Gürtel-Boss installiert haben soll und bei dem es vor allem um Schutzgelderpressung gegangen sein könnte. Der Haken an dieser Version: Sie wird von Harald H., dem kürzlich aus der Haft entlassenen Vorgänger des aktuellen Gürtel-Capos, verbreitet.
Kaum Lokale auf den Listen
Die andere Version: Die Sperrlisten sollen vor allem Wohnungen betroffen haben, die bei Suchtgiftermittlungen observiert wurden. Nur ein kleiner Teil galt demnach Lokalen und davon soll wiederum ein kleiner Teil dem Rotlichtmilieu zuzurechnen sein. Die Listen seien zur Abstimmung zwischen verschiedenen Polizeidienststellen gedacht gewesen, damit etwa Fremdenpolizei und Drogenfahnder nicht nacheinander in ein und demselben Lokal auftauchten. Auch der teilweise rehabilitierte Oberst Roland Frühwirth hatte 2004 Lokale auf der Sperrliste.
Dabei ging es auch um einige Gürtel-Bordelle. "Dafür gibt es auch Aktenzahlen: 504 Res/KD1/04 und 508 Res/KD1/04. Im Wesentlichen ging es dabei um Schutzgelderpressungen", sagte Frühwirth. Der Ermittlungsauftrag sei damals übrigens von Ernst Geiger, dem derzeit suspendierten interimistischen Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung unterzeichnet worden.
Im Jänner 2004 wurden drei Hauptprotagonisten aus dem Rotlichtmilieu verhaftet, unter anderem Richard S. und Harald H. Darin dürfte auch ein Teil des Problems liegen: Während Harald H. wegen Vergewaltigung verurteilt wurde, verliefen die Ermittlungen wegen Schutzgelderpressung gegen den "Verein Freies Wien", der schon damals intern "Nokia-Club" genannt worden sein soll, im Sande.
Intrige und Rache
Es gab keine Zeugen, welche die Schutzgelderpressung bestätigt hätten. Harald H. beteuert noch immer seine Unschuld und spricht bis heute von einer Intrige. Seinen Kontrahenten soll er Rache geschworen haben.