Wien - Markus Kupferblum träumt seit zwei Jahrzehnten von der großen Oper: nicht wie Fitzcarraldo im Urwald Brasiliens, sondern bescheidener im Großstadtdschungel von Wien. Nun endlich, der Theaterreform des Kulturstadtrates sei's gedankt, schien es endlich geklappt zu haben: Die Kuratoren, die über die Förderungen zu entscheiden haben, fanden sein Projekt schlüssig. Und so lädt der Regisseur in bester Laune zur ersten Probe von Cavallis "La Didone Abbandonata" in den Nestroyhof im zweiten Wiener Bezirk.

Das Modell des Bühnenbildes (von Hans Kudlich) steht bereits auf einem Tisch, im Hintergrund hängt ein Teil der Kostüme. Kupferblum, etwas fahrig, begrüßt sein Ensemble - die Sänger, die Musiker, das Orchester - und erläutert ihnen allen, also eigentlich dem Publikum, die Komposition, die den Ursprung der Operngeschichte darstelle, und das Leben der Dido, die Karthago auf einem Kuhfell gründete.

Verschusselt

Seine Begeisterung für den tragischen Stoff - Aeneas verlässt die verliebte Prinzessin, um Rom zu gründen - kennt keine Grenzen: Er will Arien vorspielen, andere Musikstücke zitieren. Doch nichts klappt: Kupferblum, einer der liebenswertesten Narren, hat die Noten verschusselt, dann streikt auch der CD-Player.

Grandios spielt Markus Kupferblum mit den von ihm geschürten Erwartungshaltungen: So gerne hätte man ihn, den kafkaesken Helden der Unscheinbarkeit, auf seine Reise begleitet. Aber sie beginnt nie: Aus den Träumen reißt der erbärmlich-penetrante Jodel-Klingelton des Handys, und Kupferblum muss seinem Bühnenbildner Hans eingestehen, dass es nur lächerliche 30.000 Euro gibt, an eine Realisierung der Oper also gar nicht zu denken ist. Aufzugeben kommt dem sentimentalen Clown jedoch keine Sekunde in den Sinn: Dann spielt eben er, der sich unbeobachtet bei sich zu Hause fühlt, "die verlassene Dido".

Große Oper

Und schon legt er deren Kostüm samt Kleiderhaken an. Weil aber Lore Lixenberg, wie vereinbart, zur Audition erscheint, wird der Abend in der ungemein präzisen Regie von Jos Houben doch noch zur großen Oper. Wenn auch nur für eine berührende Abschiedsarie lang. So hat die Theaterreform zumindest die Uraufführung eines raffiniert gebauten Monologs nach sich gezogen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD print, 19.3.2007)