Washington - Angesichts immer neuer Enthüllungen in der Affäre um die Entlassung von US-Bundesanwälten hat das Weiße Haus seine Taktik geändert. Der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, räumte am Freitag erstmals ein, dass die Bundesanwälte im vergangenen Jahr möglicherweise doch aus politischen Gründen gefeuert wurden. Bisher hatte die US-Regierung darauf bestanden, die Betroffenen seien wegen schlechter Arbeit entlassen worden.

Snow sagte nun vor Journalisten in Washington, die Arbeit gut zu machen, bedeute, gegenüber Präsident George W. Bush loyal zu sein und sich an die "Prioritäten seiner Regierung" zu halten. Um den Job nicht gut zu machen, reiche es schon aus, sich der Politik Bushs "aus Gewissensgründen" zu widersetzen.

Die acht mit Jahresende auf einen Streich entlassenen Bundesanwälte hatten vor dem US-Kongress ausgesagt, sie hätten ihre Posten aus politischen Gründen verloren. Sie berichteten von vorherigen massiven Versuchen republikanischer Politiker, ihre Arbeit zu beeinflussen. Der Skandal reicht inzwischen bis in den Stab des Weißen Hauses. In ihn verwickelt ist nach jüngsten Erkenntnissen auch Bushs einflussreicher Berater, Vize-Stabschef Karl Rove. Ob Rove und andere Mitarbeiter vom Kongress unter Eid befragt werden können, will das Weiße Haus am kommenden Dienstag entscheiden.

"Alles ist möglich"

Vorsichtig rückte Snow auch von bisherigen Angaben ab, Bush habe mit den Entlassungen nichts zu tun. Auf die Frage, ob der Präsident möglicherweise persönlich die Entfernung missliebiger Bundesanwälte angeordnet habe, sagte sein Sprecher nun, "alles ist möglich". Gleich darauf fügte er hinzu, "ich denke nicht", um dann die Journalisten zu warnen: "Macht ihn jetzt nur nicht dafür verantwortlich." Bushs bisher uneingeschränkte Unterstützung für seinen Justizminister Alberto Gonzales scheint ebenfalls ins Wanken geraten zu sein. Auf die Frage, ob der Präsident Gonzales entlassen könnte, antwortete sein Sprecher ausweichend, er wisse "nichts von derartigen Plänen". (APA)