Potsdam - Die großen Industrie- und Entwicklungsländer wollen den weltweiten Artenschutz neben dem Klimaschutz zum Topthema machen. Dazu verabschiedeten sie bei der G-8-Umweltministerkonferenz am Freitag die so genannte Potsdamer Initiative, wie der deutsche Vorsitzende Sigmar Gabriel nach den ersten Beratungen mitteilte.

Artensterben

In den kommenden Monaten sollen zunächst die wirtschaftlichen Folgen des Artensterbens - ähnlich dem Stern-Report zu den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels - zusammengetragen werden, wie Gabriel sagte. Das sei kein Thema nur für Naturschützer, es gehe um dramatische wirtschaftliche Auswirkungen. "Wir löschen derzeit die Festplatte der Natur", sagte der deutsche Umweltminister. Täglich verschwänden 150 Arten unwiderruflich.

Doch seien 40 Prozent des Wohlstands auf der Welt auf der intensiven Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen gegründet. "Der Schutz der Artenvielfalt ist gleichzeitig ein Schutz des Wohlstands und der sozialen Entwicklung", sagte Gabriel. Der Artenvielfalt-Report soll noch vor der Weltkonferenz zur Biodiversität in Bonn im kommenden Jahr fertig sein. Die Vorgaben sollen demnächst bei einer Konferenz auf Einladung der deutschen G-8-Präsidentschaft geklärt werden.

Unterstützung

Gabriel betonte, die Entwicklungsländer wünschten sich mehr finanzielle Unterstützung für den Schutz ihrer Artenvielfalt. Hoch entwickelte Länder wie Deutschland hätten nur noch wenige Arten - in Deutschland sind sieben Prozent aller Pflanzenarten und vier Prozent aller Tierarten vertreten -, verlangten aber von den Entwicklungsländern den Schutz ihres reichen Artenspektrums. Nötig seien neue Finanzierungsmechanismen, sagte Gabriel.

Er schlug vor, dazu Einnahmen aus dem Emissionshandel zu nutzen: So könnte innerhalb der EU die Auktionierung von Zertifikaten nach 2012 verpflichtend werden, und zwar von mehr als den bisher möglichen zehn Prozent der Verschmutzungsrechte. Damit könnte man enorme Ressourcen locker machen, meinte Gabriel. Einen Teil davon könne man in Energieforschung investieren, einen anderen Teil jedoch auch den Erhalt der Artenvielfalt.

Diese Themen seien bei der Konferenz "weitgehend einvernehmlich" diskutiert worden, betonte Gabriel. Man werde sie mit Blick auf den G-8-Gipfel in Heiligendamm weiter verfolgen. Das Thema Artenvielfalt müsse international mehr Aufmerksamkeit bekommen, ähnlich wie jetzt der Klimaschutz. Beide Themen hingen eng zusammen.

US-Standpunkt

Die USA sind offenbar weiter nicht bereit, sich auf internationale Klimaschutzziele festzulegen. "Unser Fokus ist darauf gerichtet, die Technologie zu entwickeln, um praktische Ergebnisse zu erzielen", sagte der Chef der US-Umweltbehörde EPA, Stephen Johnson, am Freitag am Rande des G-8-Umweltministertreffens in Potsdam.

Die US-Regierung habe eine Führungsrolle übernommen. Sie habe zwischen 2001 und 2006 29 Milliarden Dollar (21,9 Milliarden Euro) für Forschung und Entwicklung beim Klimaschutz bereitgestellt - mehr als jedes andere Land. Es gehe unter anderem um die Entwicklung "sauberer" Kohlekraftwerke und der Nutzung des Treibhausgases Methan. Darüber hinaus habe Präsident George W. Bush unter anderem klare Vorgaben für Auto-Abgase gemacht, die das Emissionswachstum in diesem Sektor stoppen würden, sagte der amerikanische Delegationsleiter.

Auf die Frage, ob durch die neuen Klimaziele der EU Bewegung in den USA zu erwarten sei, sagte er: "Es gibt ganz sicher Übereinstimmungen." Die Entwicklung moderner Klimaschutztechnik gehöre dazu. "Wir müssen uns auf diese gemeinsamen Punkte konzentrieren", sagte Johnson. (APA/AP)