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Medienministerin Doris Bures, umringt von solchen.

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Neuerungen verhandeln in SP und VP freilich deren Mediensprecher, sagt sie Harald Fidler.

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STANDARD: Sie haben keine wirkliche Erfahrung in der Medienpolitik. Was qualifiziert Sie als Fachministerin?

Bures: Im Bundeskanzleramt und seinem Verfassungsdienst gibt es hervorragende Expertinnen und Experten. Die Politik hat die Aufgabe, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

STANDARD: Sie erwarten "Ende April, Anfang Mai" eine Bestandsaufnahme über die Presseförderung im Ministerrat, ein Entwurf des Verfassungsdienstes liegt Ihnen vor. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

Bures: Ich halte eine stärkere Förderung von Jungjournalistinnen und Journalisten für sehr unterstützenswert. Internet, Handyfernsehen werden sich über kurz oder lang auch in der Förderung niederschlagen müssen. Es muss eine breitere Förderung geben.

STANDARD: Woher kommt das Geld dafür? Weniger Printförderung oder insgesamt mehr Förderung?

Bures: Beides ist bei den Maßnahmen zu diskutieren.

STANDARD: Die SPÖ scheint es mit einer Reform der Medienbehörde nicht eilig zu haben?

Bures: Wir haben das mit dem Koalitionspartner vereinbart und ich halte mich an Vereinbarungen. In Bälde sind darüber die ersten Gespräche zu führen. Da geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um eine effiziente Behörde und um eine Strukturbereinigung in dem Bereich.

STANDARD: Wie wollen Sie bereinigen? Den Bundeskommunikationssenat abschaffen?

Bures: Nein. Die Beschickung des Bundeskommunikationssenates aus der Richterschaft hat sich bewährt. Es spricht vieles für die Aufteilung Bundeskommunikationssenat zur Prüfung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der KommAustria für den privaten. Es ginge darum, die untergeordnete Rundfunk- und Telekomregulierungsgesellschaft RTR in die Medienbehörde einzubinden.

STANDARD: Wer verhandelt solche Vorhaben?

Bures: Auf parlamentarischer Ebene, also der Mediensprecher der SPÖ, Josef Cap, mit dem der ÖVP, Franz Morak. Sie haben das Arbeitsübereinkommen verhandelt und sollen Vorschläge auf den Tisch legen.

STANDARD: Cap schwört auf Verhandlungen der Betroffenen, also vor allem ORF und Zeitungen, deren Ergebnis die Politik umsetzt.

Bures: Ich halte viel davon, die Betroffenen einzubinden. Letztendlich muss man sich koordinierend einschalten.

STANDARD: Einigen können sich ORF und Zeitungen auf eine Abschaffung der Werbesteuer.

Bures: Ich warte noch auf Ideen, wie man den Ländern und Gemeinden jene 120 Millionen Euro abgilt, die sie damit verlieren würden. Die sind zu kompensieren. Man kann niemandem einfach Einnahmen streichen, die die Gemeinden für Investitionen brauchen.

STANDARD: Als mögliche Gemeinsamkeit zwischen ORF und Zeitungen ist eine gemeinsame Internetplattform, eine Art Austro-Google aufgetaucht. Was hielten Sie davon?

Bures: Das ist eine gute Idee, soweit wettbewerbsrechtlich nichts dagegen spricht. Da könnten sie sich finden. Rundfunk und Printmedien einigen sich auf das dritte, das Internet.

STANDARD: Der ORF klagt seit Jahren, dass ihm Werbefenster deutscher Privatsender Umsätze wegnehmen. Sehen Sie eine Möglichkeit, diese Fenster einzuschränken?

Bures: Nein. Das EU-Recht verhindert, dass Nationalstaaten da Einschränkungen vornehmen können. Österreich hat sich bei der Vorbereitung der neuen Fernsehrichtlinie für klarere Regelungen von Product Placement eingesetzt, um das in Grenzen zu halten.

STANDARD: Der ORF plant einen gebührenfinanzierten Spartensender für Information und Kultur voraussichtlich auf TW1. Sie begrüßen das, nehme ich an.

Bures: Ich gehe von TW1 aus. Ich bin dafür unter drei Voraussetzungen: Ich halte sehr viel von einem dualen System, also einer Mischung von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk. Das heißt auch Raum für Private und Vielfalt in dem Bereich. Punkt zwei: Immer wenn es um öffentliche Gelder geht, ist mit besonderer Sorgfalt vorzugehen. Das betrifft auch zusätzliche Spartenkanäle. Punkt drei ist extreme Kontrolle, dass es sich dabei tatsächlich um einen öffentlich-rechtlichen Sender handelt und keinen Kommerz.

STANDARD: Wer soll den öffentlich-rechtlichen Auftrag kontrollieren?

Bures: Der Bundeskommunikationssenat. Bei Privaten wird ja auch kontrolliert, ob sie spielen, was sie in ihrem Lizenzantrag angekündigt haben.

STANDARD: Private haben Lizenzen, nicht aber der ORF. Und der Bundeskommunikationssenat wird nur nach Beschwerden tätig, nicht aber eine dauernde Kontrolle. Reicht das?

Bures: Ich denke schon.

STANDARD: Was halten Sie von der Idee, den öffentlichen Auftrag regelmäßig auszuschreiben und (Teile) auch an Private zu vergeben, wenn sie ihn erfüllen können?

Bures: Das erscheint mir faktisch, finanziell und rechtlich nicht durchführbar. Außerdem habe ich erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit, den öffentlichen Auftrag auf unterschiedliche Anbieter zu verteilen. Ich gehe davon aus, dass der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag gut erfüllt und ein österreichisches Markenzeichen in der europäischen Programmvielfalt darstellt.

STANDARD: ORF-General Alexander Wrabetz schließt eine Gebührenerhöhung 2007 so oft aus, dass man mit einer Erhöhung 2008 rechnen muss. Haben Sie Verständnis dafür?

Bures: Ich habe Verständnis dafür, dass ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender auch wirtschaftlich geführt werden muss. Wenn zum Beispiel die Werbefenster Einnahmenverluste bringen, umso mehr muss man sich eine Kompensation zum Beispiel über Gebühren überlegen. Man muss aber auch Grenzen der Zumutbarkeit sehen.

STANDARD: Was halten Sie von einer jährlichen Anhebung der Gebühren, etwa mit der Inflationsrate?

Bures: Bei Gebühren sind Valorisierungen immer nachvollziehbarer als massive Erhöhungen.

STANDARD: Die Verleger wünschen sich eine unabhängige Kontrollinstanz wie etwa in Deutschland, ob die Höhe der Rundfunkgebühren auch angemessen ist. Auch in EU-Papieren ist von Gebührenkontrolle die Rede.

Bures: Es gibt ja auch die Diskussion, sie gesetzlich festzulegen.

STANDARD: Wo?

Bures: In Österreich. Ich würde bei der Gebührenfestlegung beim österreichischen Modell bleiben. Bei einer Neustrukturierung kann das ein Punkt sein. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass wir da besonderen Handlungsbedarf haben. Der Stiftungsrat, der das entscheidet, wird ja von politischen Institutionen und zum Teil über den Publikumsrat vom Publikum direkt bestellt.

STANDARD: Drei von 35 Stiftungsräten werden direkt gewählt. Was halten Sie von den Überlegungen des ORF-Generals Alexander Wrabetz, sich an ATV zu beteiligen?

Bures: ATV ist die Frage, wer in Zukunft Eigentümer sein wird. Das obliegt aber der Geschäftsführung dort. Ich glaube nicht, dass der ORF Anteile an ATV haben wird.

STANDARD: Der ORF will wieder Werbung in mehreren seiner Regionalsender zusammenschalten dürfen wie bis 2001. Was halten Sie davon?

Bures: Müsste ich mir anschauen.

STANDARD: Und Ö3plus? Soll der ORF wie bis 2001 Werbezeiten auf privaten Partnersendern verkaufen dürfen?

Bures: Ich sehe da keinen Änderungsbedarf.

STANDARD: Der ORF drängt offenbar auf eine Erlaubnis regionaler Werbung in Ö3. Was halten Sie davon?

Bures: Das im Jahre 1993 eingeführte Verbot der regionalen Werbung diente und dient weiterhin dem Aufbau und der Förderung des dualen Rundfunksystems, also dem Nebeneinander von öffentlichen und privaten Veranstaltern. Dieses System ist in seiner Ausgestaltung sehr sensibel. Ich beabsichtige jedenfalls keine Maßnahmen vorzuschlagen, welche zu Lasten der wirtschaftlichen Existenz privater Veranstalter gehen.

STANDARD: Verleger haben laut nachgedacht, der ORF sollte seine 60 Prozent an der Sendertochter ORS verkaufen.

Bures: Das ist Angelegenheit des ORF und der Eigentümer.

STANDARD: Eine Frage noch: In der SPÖ und im Kanzleramt soll es Überlegungen geben, die "Wiener Zeitung" statt täglich nur noch wöchentlich erscheinen zu lassen?

Bures: Die Wiener Zeitung zählt nicht zu meinen Kompetenzen, sie ressortiert zum Bundeskanzler. Sie hat das Problem eines Verfahrens über die Veröffentlichungspflicht von Ausschreibungen dort. Das ist eine Einnahmequelle, von der sie sich hauptsächlich finanziert. Das heißt, die Zukunft und finanzielle Basis der Wiener Zeitung wird von diesem Verfahren abhängig sein. Das ist abzuwarten, und dann sind die nächsten Schritte zu (ABSTAND) diskutieren, also die Finanzierung und der weitere Fortbestand der Wiener Zeitung. (Langfassung des Interviews/STANDARD, Printausgabe, 16.3.2007)