Innsbruck/Wien – In einem persönlichen Brief an Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen hat Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) die Nazivorwürfe gegen Van der Bellens verstorbenen Vater als "vielleicht objektiv überzogen" bezeichnet. Gleichzeitig begründet van Staa sein Verhalten: Aufgrund von Attacken der Grünen, die seit Jahren versuchten, ihn ins rechte Eck zu stellen, seien seine Äußerungen zumindest subjektiv begründ- und vielleicht verstehbar.

Konkret verweist van Staa auf Kritik an seiner Teilnahme am Burschenschafterkommers 2000, die Debatte um die NSDAP-Mitgliedschaft von Altlandeshauptmann Eduard Wallnöfer, van Staas verstorbener Schwiegervater, und die jüngste Kritik der Grünen an seiner Idee von "Internierungsquartieren" für straffällig gewordene Asylwerber. In dem Brief hat van Staa auch eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch ausgesprochen.

Zeichen von Schwäche

Van der Bellen hat den Erhalt des Briefes gegenüber der Austria Presse Agentur bestätigt, will aber "einen an mich gerichteten Brief nicht öffentlich" kommentieren. Van Staa habe gegenüber Medienvertretern "ein Gerücht über meinen Vater in die Welt gesetzt, das außer ihm selbst bis dahin niemand gekannt hat. Es ist seine Aufgabe, dieses auch öffentlich wieder zu widerrufen". Zudem müsse man fragen, "ob es in der Volkspartei wirklich üblich und akzeptabel ist", zu derartigen Verhaltensweisen zu schweigen. Offenbar sei das Verhalten van Staas auch der Tiroler ÖVP peinlich. Aber "keiner traut sich, öffentlich etwas zu sagen." Stil der Grünen sei das nicht.

Landtagswahlen

Auch wenn van Staa wegen der nächsten Landtagswahl nervös sei, sollte er doch den Mut haben, sich zu entschuldigen Wenn er dies nicht könne, sei dies ein Zeichen von Schwäche, "aber das ist sein Problem", so Van der Bellen.

Tirols Grünen-Sprecher Georg Willi findet die Begründungen van Staas "ärgerlich". Dass der damalige Bürgermeister dem Kommers seine Aufwartung machte, "fanden wir wie viele deplatziert." In Zusammenhang mit der im Jahr 2005 bekannt gewordenen NSDAP-Mitgliedschaft Wallnöfers "haben wir die Reaktion des Landeshauptmanns kritisiert."

Wie berichtet, hatte Van Staa damals Zweifel an der Authentizität des NS-Akts geäußert und dann behauptet, dieser sei von jemandem, der bei den Grünen eine Funktion hatte, den Medien zugespielt worden. Die Grünen haben dies scharf zurückgewiesen. Und aufgefordert, die Kontinuitäten bei den Eliten, auch in der Industrie, zu erforschen. (Benedikt Sauer/DER STANDARD, Printausgabe, 15.3.2007)