Paris - Nach dem Verzicht von Präsident Jacques Chirac auf eine nochmalige Kandidatur ist in Frankreich der Kampf um die Nachfolge voll entbrannt. Umfragen weisen Innenminister Nicolas Sarkozy (52), Chef der bürgerlichen Mehrheitspartei UMP, sechs Wochen vor dem ersten Wahlgang als aussichtsreichsten Bewerber aus; sein Vorsprung vor der Sozialistin Ségolène Royal (53) und dem Zentrumsliberalen Francois Bayrou (55) schmolz aber weiter. Der Chef der rechtsextremen "Nationalen Front" (FN), Jean-Marie Le Pen (78), der vor fünf Jahren völlig überraschend in die Stichwahl gegen Chirac gekommen war, hat nach eigenen Angaben die Hürde für die Zulassung genommen und die vorgeschriebenen 500 Unterschriften von gewählten Mandataren zur Unterstützung seiner Kandidatur zusammengebracht.

Es galt inzwischen als unwahrscheinlich, dass bei dem Urnengang am 22. April der Bewerberrekord von 2002 übertroffen wird. Damals waren 16 Kandidaten zur Wahl gestanden. Wer bei der ersten Runde der Präsidentenwahl antreten will, muss bis zum Freitagabend beim Verfassungsrat (Conseil constitutionnel) 500 Unterschriften von gewählten Mandataren (Abgeordnete, Senatoren, Regionalräte, Generalräte von Départements oder Bürgermeister - insgesamt rund 42.000 Personen) einreichen. Wie der Leiter des Sekretariats des Verfassungsrates, Jean-Eric Schoettl, mitteilte, gingen bis Dienstag 11.120 Wahlpatenschaften ein. Zum Anmeldeschluss würden insgesamt etwa 15.000 Unterschriften erwartet. 2002 hatte es 17.800 gegeben.

Rückzug

Der Anwärter der Splitterpartei "Alternative libérale", Edouard Fillias, kündigte seinen Rückzug an. Fillias rief zur Wahl des Chefs der zentrumsbürgerlichen UDF, Ex-Erziehungsminister Bayrou, auf. Dies hatte vor ihm bereits die 55-jährige Ex-Umweltministerin Corinne Lepage getan. Lepage war von 1995 bis 1997 Ministerin in der konservativen Regierung von Premierminister Alain Juppé gewesen. 1998 gründete sie ihre eigene Partei "Citoyenneté Action Participation pour le XXIe siècle (CAP21)".

Zwei Wochen nach einem ersten Artikel über mögliche Unregelmäßigkeiten beim Ankauf einer Wohnung hat die Wochenzeitung "Le Canard enchainé" Sarkozy in der am Mittwoch erschienenen Ausgabe erneut angegriffen. Sarkozy habe als Bürgermeister des Pariser Nobelvororts Neuilly-sur-Seine dem Immobilienmakler und Bauunternehmen Lasserre einen Rabatt von 775.000 Euro beim Ankauf von Gemeindegrundstücken zugestanden. Vorher hatte das Blatt den Minister beschuldigt, beim Wohnungskauf im selben Jahr einen Rabatt von "zumindest 300.000 Euro" von Lasserre erhalten zu haben.

Minister entzieht Sarkozy Unterstützung

Der französische Minister für Chancengleichheit, Azouz Begag (UMP), wird den Vorsitzenden und Präsidentschaftskandidaten seiner eigenen Partei, Innenminister Nicolas Sarkozy, bei der bevorstehenden Wahl des Staatspräsidenten nicht unterstützen. Wie der 49-jährige Politiker algerischer Abstammung am Mittwoch in Paris mitteilen ließ, wolle er mit dem UMP-Chef kein Wort mehr wechseln. Seit 18 Monaten bereits habe er es abgelehnt, mit dem Innenminister zu sprechen, nachdem dieser die protestierende Vorstadtjugend arabischer und nordafrikanischer Herkunft als "Gesindel" beschimpft hatte. Das sagte Begag dem Radiosender France-Inter.

Eine weitere Aussage Sarkozys brachte nun den deutschen Reinigungsspezialisten Kärcher auf den Plan. Sarkozy hatte bei den Jugendunruhen unter anderem davon gesprochen, die Vororte mit "dem Kärcher" reinigen zu wollen, nun kämpft "Kärcher" gegen den Missbrauch seines Namens durch die Politik im Wahlkampf. Mit einer Anzeigenkampagne in französischen Tageszeitungen, die sich das Familienunternehmen aus Winnenden (Baden-Württemberg) mindestens 100.000 Euro kosten lässt, zeigt sich Kärcher mit der Verwendung seines Namens in politischen Zusammenhängen "nicht einverstanden". (APA/red)