Die Expertinnen am Podium waren sich einig, dass sich Österreich mit der Ratifikation der UN-Konvention CEDAW zu aktiven Maßnahmen gegen jede Form von Frauendiskriminierung verpflichtet hat.
Foto: dieStandard.at/Yeoh
Wien - Den Dialog zwischen Politik und Frauen-NGOs wieder in Gang setzen zu wollen, gelobte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Dienstag Abend in Wien - ein "fruchtbringender" und, wie sie selbst einräumte, "nicht konfliktfreier und in den letzten Jahren eingeschlafener" Dialog. Anlass war die Diskussionsveranstaltung zum CEDAW-Bericht (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women), in dem das UN-Komitee bei der kürzlichen Prüfung österreichischer Gleichstellungspolitik einige Mängel bei der Umsetzung von Frauen zustehenden Rechten festgestellt hatte.

Hauptkritikpunkte

Wie dieStandard.at bereits Mitte Februar berichtet hat, sind die Hauptkritikpunkte das Fehlen eines nationalen Aktionsplans für Gleichstellungspolitik und Gewalt gegen Frauen, die tiefe Verwurzelung von Rollenstereotypen von Männern und Frauen und die mangelnde Evaluierung von Gleichstellungsinitiativen. Es war nicht die erste Überprüfung durch das CEDAW-Komitee (die letzte war im Jahr 2000) und es war bei weitem nicht die erste Diskussion rund um die Frauenrechtskonvention CEDAW und ihre Umsetzung in Österreich. Dennoch wurde bei der Veranstaltung im Parlament von Vertreterinnen institutionalisierter Politikbereiche fast der Eindruck einer Einmaligkeit dieses CEDAW-Berichts vermittelt.

Für die österreichische Delegation war das Prüfungsverfahren vor dem CEDAW-Komitee im Jänner ein "Akt der Bewusstseinsbildung", wie es Elisabeth Kögler vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten ausdrückte. Viele Anregungen seien von der Delegation mitgenommen worden.

Ein "einzigartiges Rechtsinstrument"

Als eine der wichtigsten Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen knüpft CEDAW an einen Faktor möglicher Diskriminierung an, nämlich das Geschlecht. Vier Artikel des laut Karin Tertinegg vom Institut für die Wissenschaft vom Menschen "einzigartigen Rechtsinstruments" sind in Österreich in Verfassungsrang. Mit den Gender Mainstreaming-Verpflichtungen des EU-Vertrags von Amsterdam hat sich Österreich nicht nur auf rechtlicher sondern auf tatsächlicher Ebene zur Gleichstellung und Antidiskriminierung von Frauen verpflichtet, unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Dies sei "keine Goodwill-Frage", wie die Wissenschafterin und Juristin betonte.

"Mauerblümchendasein"

Dass die Konvention dennoch ein "Mauerblümchendasein" in Österreich fristet, verwundert Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie nicht, gehe es doch um Frauenrechte. Um die Konvention aus dem Schatten zu holen, fordert Logar die neue Regierung auf, "wieder mehr möglich" zu machen und Österreichs Verpflichtung zur Umsetzung der UN-Konvention nachzukommen. Dazu werden vom CEDAW-Komitee wie auch von NGO-Seite ein nationaler Aktionsplan und eine interministerielle Arbeitsgruppe gefordert. Ein NGO-CEDAW-Komitee, in dessen Rahmen interessierte Frauen und Männer mitarbeiten können, wurde erst kürzlich gegründet.

Arbeitsmarktpolitik und "Quote"

Zahlreiche Maßnahmen sind in Österreich noch nötig, um der Konvention Genüge zu tun und Rechte von Frauen umzusetzen. Für den Arbeitsmarktbereich erläuterte dies Sybille Pirklbauer von der Arbeiterkammer Wien. Sie wies unter anderem darauf hin, dass erwerbstätige Frauen für eine Stunde bezahlte Arbeit aufgrund ihrer Mehrfachbelastung zusätzlich 51 Minuten unbezahlt arbeiten, wohingegen Männer dies nur elf Minuten tun. Können Frauen Familie und Beruf aufgrund von Kinderbetreuungs- und Pflegemöglichkeiten gut vereinbaren, würden sie jedenfalls ihre Chance nutzen, sich mit der Erwerbsarbeit ein "Stück ökonomische Unabhängigkeit" zu verschaffen. Allein gebe es jedoch viel zu wenig Betreuungsplätze für Klein- und Schulkinder, Ganztagesbetreuung sei überhaupt Mangelware, erhob die Arbeiterkammer.

Die Wichtigkeit und Dringlichkeit gesetzlicher Maßnahmen verdeutlichte Lilian Hofmeister, Ersatzmitglied am Österreichischen Verfassungsgerichtshof und langjährige Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen beim Bundesministerium für Justiz. Ihrer Erfahrung zufolge sei die Steigerung des Frauenanteils im Justizbereich "auschließlich über Quoten" erreicht worden. Ihr Fazit: "Die Quote lebt!"

Überzeugungsarbeit

Ein baldiges Treffen von NGO-Frauen mit der bei der Veranstaltung nicht anwesenden Ministerin zur Koordination der Frauenpolitik, Doris Bures, wurde von Moderatorin Gabriele Heinisch-Hosek, Nationalratsabgeordnete der SPÖ, in Aussicht gestellt. Auf die anwesenden SPÖ-Politikerinnen könnte auch in der eigenen Partei noch viel Überzeugungsarbeit warten, waren bei der Präsentation des CEDAW-Berichts, zu dem Barbara Prammer geladen hatte, doch kaum SPÖ-PolitikerInnen zu sehen.

Auch wenn Heinisch-Hosek betonte, dass "vieles vom Geforderten im Regierungsübereinkommen festgeschrieben und die Umsetzung der nächste logische Schritt ist", werden die getätigten Absichtserklärungen an der politischen Realität gemessen. Am Beispiel Norwegen, wo 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten börsenotierter Kapitalgesellschaften und Unternehmen in öffentlicher Hand als Ziel gesetzlich verpflichtend wurden, konstatierte Sybille Pirklbauer abschließend: "Dies macht sichtbar, dass mit entsprechendem Beharren und Engagement das Unmögliche möglich wird." (Daniela Yeoh)