Die Debatte um die Kompetenzen von Bundespräsident Heinz Fischer nach seiner Aussage zur Erbschaftssteuer spitzt sich weiter zu. Nachdem Vizekanzler Molterer Fischer ermahnt hatte, dass "Tagesaktualität nicht zu den ureigensten Agenden des Bundespräsidenten gehört" und Partei zu ergreifen "üblicherweise Aufgabe von Parteien" sei, setzte Fischer heute zum Gegenschlag an: Er werde sich auch in Zukunft "aus guten Gründen zu Fragen der sozialen Gerechtigkeit" äußern. "Das fällt in meine Verantwortung, und da gibt es keinen, der mir Vorschriften machen kann", sagt Fischer.

Kompetenzen rechtlich nicht überschritten

derStandard.at fragte bei Verfassungsjuristen nach, wie diese Fischers Aussagen beurteilen und stieß auf unterschiedliche Reaktionen. „Rechtlich hat der Bundespräsident seine Kompetenzen sicher nicht überschritten“, sagt Verfassungsexperte Heinz Mayer. „Ich habe mich aber schon über Fischer gewundert, dass er zu einem tagespolitischen Thema Stellung nimmt. Der Bundespräsident sollte sich nach meinem Verständnis nur zu grundsätzlichen Themen äußern", sagt Mayer, ohne die Aussagen Fischers näher kommentieren zu wollen.

Funk:"Persönlich nicht überrascht"

Für Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk sind die Aussagen Fischers nicht nur rechtlich bedenkenlos. "Es hat mich persönlich überhaupt nicht überrascht, dass er zu einem sozialpolitisch so enorm wichtigen Thema wie der Erbschaftssteuer Stellung genommen hat." Jeder Bundespräsident, so Funk, habe sein eigenes Konzept für Stellungnahmen zu Fragen des politischen Lebens gehabt. "Einige sind sehr abstinent gewesen, andere haben sich zu konkreten Fragen geäußert. Bei Fischer habe ich den Eindruck, dass er an den wesentlichen Prozessen in der Politik sehr wohl Anteil nehmen will. Das ist, wie es scheint etwas Neues und ein spezielles Fischer-Amtskonzept, das in der Entwicklung begriffen ist", sagt Funk gegenüber derStandard.at. (gum, derStandard.at/13.03.2007)