Berlin - Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), Poul Nyrup Rasmussen, hat ein wachsendes soziales Ungleichgewicht in der EU angeprangert. Derzeit lebten 72 Millionen Europäer in Armut oder seien akut davon bedroht, sagte der frühere dänische Ministerpräsident am Dienstag in Berlin. Zudem klettere seit zehn Jahren die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse. Parallel steige aber auch die "Arroganz und Gier der Reichen".

"Wenn die Deutsche Bank ihre Bonuszahlungen ausschüttet, steigen sofort die Bestellzahlen bei Ferrari. Hier fehlt es vielfach an Anstand", sagte Rasmussen. Besonders kritisierte der SPE-Chef die Geschäftspolitik von Hedgefonds, die hinter aufgekauften Firmen nicht die Arbeitsplätze und Einzelschicksale sähen, "sondern nur ein Portfolio, dass man rechtzeitig verkaufen sollte". Die Finanzmärkte müssten der eigentlichen Wirtschaft untergeordnet sein, nicht umgekehrt.

Zukunft der europäischen Wirtschaft liege in Bildung und Qualifikation

Rasmussen erklärte, die Zukunft der europäischen Wirtschaft liege in den Bereichen Bildung und Qualifikation. "Europa sollte mit China und Indien nicht um die niedrigsten Löhne konkurrieren, sondern um die bessere Qualifikation." Doch seien die EU-weiten Investitionen in aktive Arbeitsmarktpolitik und berufliches Training seit 2002 rückläufig, beklagte er. Rasmussen ist Gastredner des DGB-Kongresses "Europa sozial gestalten", der bis zum (morgigen) Mittwoch dauert. (APA/AP)