Wien - Internationale "Rote Listen", die den Grad der Gefährdung einer Spezies angeben, gibt es traditionell für zwei Reiche der Lebewesen: Tiere und Pflanzen. Für Pilze existieren solche Listen hingegen erst in manchen Ländern - und erst recht mangelt es daran bei den Mikroorganismen.

Eine solch Liste sollten aber künftig erstellt werden, fordern Wissenschafter nach dem am Wochenende in Wien zu Ende gegangenen Kongress der European Science Foundation (ESF) mit dem Titel "Microbial Diversity and Ecosystem Functions". Bei der in Zusammenarbeit mit dem deutschen Max-Planck-Institut für Terrestrische Mikrobiologie am WasserCluster Lunz in Niederösterreich organisierten Veranstaltung wurde einmal mehr die bisher unterschätzte Bedeutung von Mikroorganismen etwa für das Weltklima betont.

Kleine Verursacher, große Wirkung

Mikroorganismen spielen etwa bei der Produktion des Treibhausgases Methan eine entscheidende Rolle. "Allerdings gibt es nicht nur Methan produzierende, sondern auch Methan abbauende Bakterien", erklärte dazu Kongressorganisator Tom Battin vom Department für Limnologie und Hydrobotanik der Uni Wien. Mikroben können also den Ausstoß von Treibhausgasen steigern oder senken.

Um Methan abbauen zu können, bedarf es allerdings bestimmter Böden mit wenig Sauerstoff, beispielsweise in Mooren herrschen derartige Bedingungen. Wenn immer mehr dieser Bakterien verschwinden, weil auch Moore immer seltener werden, so trägt dies unmittelbar zum Anheizen des Klimawandels bei. "Der Schutz von Mikroorganismen und deren Vielfalt bedeutet daher den Schutz von deren Lebensräumen", so Battin.

"Die Chefs im globalen Gefüge"

Generell kratzen die Ökologen, was die Welt der Mikroorganismen angeht, erst an der Oberfläche. Es wird aber immer mehr klar, welche enorme Bedeutung das Heer der Mikroben auf praktisch alle Ökosysteme hat. "Tatsächlich sind Mikroorganismen die wesentlichen Player, gleichsam die Chefs im globalen Gefüge, ohne sie geht gar nichts", berichtete Battin.

In Wien und Lunz untersuchen die Ökologen vor allem Gewässer. Dabei hat sich gezeigt, dass etwa die so genannte Selbstreinigungskraft von Flüssen und Bächen vor allem auf Mikroben zurückzuführen ist. (APA/red)