Zwiesel - Die Schneedecke in Zwiesel ist dünn, aber trotz Regens in den vergangenen Tagen noch deutlich dicker als der Punktepolster von Julia Mancuso im alpinen Gesamtweltcup der Damen. Der ist nämlich gar nicht mehr vorhanden. Nach dem überlegenen Super-G-Sieg von Renate Götschl vergangenes Wochenende in Tarvis teilt sich die US-Amerikanerin mit 1.199 Punkten die Führung mit der Österreicherin, die am Samstag trotz Knieproblemen nach ihrem Trainingssturz in Italien im Riesentorlauf in Zwiesel startet.

Ausgezeichnete Chancen auf die Große Kristallkugel haben vor dem Wochenende der Technikerinnen auch Riesentorlauf-Weltmeisterin Nicole Hosp (1.183 Punkte) und Slalom-Dominatorin Marlies Schild (1.170). "Von den Disziplinen her sind die Technikerinnen ganz klar im Vorteil", meinte ÖSV-Damen-Cheftrainer Herbert Mandl. Wie Mancuso können auch Schild und Hosp in drei Disziplinen gewinnen - vor allem im Riesentorlauf am Samstag und im Slalom am Sonntag in Zwiesel.

In Deutschland bereiten allerdings die Witterungsbedingungen Kopfzerbrechen, die Strecke muss mit chemischen Mitteln präpariert werden, um zumindest annähernd gleich bleibende Bedingungen zu schaffen. "Die Piste wird sicherlich stark nachlassen. Darauf müssen wir uns auch im zweiten Durchgang einstellen", erklärte Mandl. Die geplante Hangbefahrung in Zwiesel war am Freitag abgesagt worden, die ÖSV-Damen absolvierten stattdessen einige Läufe auf der Reiteralm und reisten erst im Anschluss in den Bayrischen Wald.

Dort dürfte zwar noch keine Entscheidung im Kampf um die Große Kristallkugel fallen, Hosp ("Ich bin total aufgeregt, noch um den Gesamtweltcup zu kämpfen. Das ist ein großer Traum von mir") könnte allerdings die kleine im Riesentorlauf holen. Die Tirolerin führt 34 Punkte vor der Finnin Tanja Poutiainen. Michaela Kirchgasser, die vor zwei Wochen in der Sierra Nevada ihren ersten Weltcup-Sieg gefeiert hatte, hat mit 73 Punkten Rückstand ebenfalls noch Chancen. "Ich hoffe schon, dass die Niki im Riesentorlauf-Weltcup noch etwas dazupackt", sagte Mandl. "Sie ist gut in Form."

Das hat Allrounderin Hosp zuletzt mit Platz zwei im Super G von Tarvis unter Beweis gestellt. Nun könnte die 23-jährige Weltmeisterin ausgerechnet unweit der Glasbläserei in Bodenmais, in der 15 km von Zwiesel entfernt die Weltcup-Trophäen hergestellt werden, den Riesentorlauf-Weltcup und damit auch die fünfte und letzte kleine Kristallkugel nach Österreich holen. Götschl (Abfahrt und Super G) und Schild (Slalom und Super-Kombination) haben die anderen vier bereits vor dem Finale kommende Woche in Lenzerheide fix in der Tasche.

"Das wäre schon ein Riesenerfolg. Dann gehen wir auch ganz anders in den Kampf um den Gesamtweltcup", betonte Mandl. "Taktieren gibt es jetzt nicht mehr." Zu gefährlich ist Riesentorlauf-Olympiasiegerin Mancuso, die in Tarvis in allen drei Rennen auf das Podest gefahren war und den Gesamtweltcup als erste US-Amerikanerin seit Tamara McKinney 1983 gewinnen will. "Ich fahre nicht um Punkte, ich fahre immer nur um Siege", betonte die 22-Jährige, die nur im Slalom nicht zu den Sieganwärterinnen zählt.

Verzichten muss das in dieser Saison so starke ÖSV-Damen-Team in den abschließenden Rennen hingegen unter anderem auf die zweifache Riesentorlauf-Saisonsiegerin Kathrin Zettel. Die 20-jährige Niederösterreicherin hatte sich vergangenen Woche bei ihrem Sturz in der Tarvis-Kombi einen glatten Bruch des Schienbeinkopfes und des Nasenbeins zugezogen. Zettel kam allerdings ohne Operation und Gips davon und soll bereits kommende Woche wieder mit leichter Therapie beginnen.(APA)