Wien – "Junge Vögel frisst die Katze. Wir wollten einen Vogel, der fliegen kann, präsentieren." Sprach Viennale-Direktor Hans Hurch – und ließ zugleich gemeinsam mit Ernst Kieninger, dem Geschäftsführer des Filmarchivs Austria, die Katze aus dem Sack: Ein in vielen Details durchgeplantes und von den Architekten Delugan und Meissl entworfenes "Filmkulturzentrum" im Wiener Augarten.

Damit wetteifern bereits zwei Projekte um die rund 1000 m2 große Fläche am Augartenspitz zwischen Castellezgasse und Oberer Augartenstraße. Erst kürzlich legten die Wiener Sängerknaben ihren Entwurf für eine Konzerthalle vor, der einen Saal für 430 Zuschauer vorsieht – ein Projekt, das vor allem bei Augartenschützern und Anrainern seit geraumer Zeit auf Ablehnung gestoßen ist.

Historisch und aktuell

Diese sind schon im Vorfeld in die Planungen des nun vorgestellten "Augartenkinos" miteinbezogen – und überzeugt worden. In einer Kooperation zwischen Viennale und dem bereits im Augarten ansässigen Filmarchiv könnte ein Filmkulturzentrum entstehen, das laut Hurch einen "Bogen vom Bewahren des historischen Filmerbes zum aktuellen Kino" spannen soll. Dazu sind zwei Kinosäle mit 150 bis 170 beziehungsweise 70 bis 80 Sitzplätzen, Ausstellungsflächen, ein Studienzentrum für Film samt audivisueller Bibliothek, eine Freiluftkinotribüne und Gastronomieangebote mit Aussichtsterasse geplant. Neben einer "organischen Verbindung zwischen Grünflächen und Architektur" seien auch eine ökologische Bauweise im Passivhausstandard und die Öffnung des Parks Vorgaben gewesen. Für den Viennale-Chef ist das Zentrum eine "echt große Chance, nicht nur kulturpolitisch, sondern auch für die Stadtentwicklung und den Bezirk". Das Filmkulturzentrum würde als zusätzlicher Festivalstandort die Viennale "aus der Innenstadt hinaustragen" und im derzeit kinofreien Bezirk Leopoldstadt die Tradition des einstigen "Kinobezirks" wiederbeleben. Dafür soll das Stadtkino im 3. Bezirk aufgelöst werden und die Programmierung im "Augartenkino" übernehmen.

Schub fürs Grätzel

Im Kinomuseum schweben Kieninger neben wechselnden Ausstellungen zwei permanente vor: zu Österreichischer Filmemigration sowie zur Vor- und Frühgeschichte des Films, in der auch die umfassende Sammlung des Filmarchivs "Laufbildkultur" haptisch vermitteln soll. Wie auch das Projekt der Sängerknaben erhofft man sich von der Anbindung an die U2 ab 2008 einen Schub für das Grätzel.

Die Idee für das Projekt reicht bis ins Jahr 2000 zurück, betonte Kieninger, eine damals beauftragte Bebauungsstudie sei auch in den Flächenwidmungsplan 2002 eingeflossen. Die Wiener Sängerknaben hätten erst dann Begehrlichkeiten an der Fläche angemeldet. "Wir suchen keinen Kulturkampf Sängerknaben gegen Kino", räumte Hurch ein. Finanzier für das sechs Millionen Euro-Projekt und die jährlichen Betriebskosten von 500.000 bis 600.000 Euro gibt es noch keinen, nun sei es am Bund als Grundeigentümer, eine Entscheidung zu fällen. Im zuständigen Kulturministerium hält man sich bedeckt. Man werde aufgrund "qualitativer" Kriterien entscheiden. (kri, DER STANDARD print, 9.3.2007)