Schubhaft-Gefängnis im Polizeianhaltelager Hernals, Wien

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Wien - Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) auf Prüfung der neuen Schubhaft-Variante im Fremdenpolizeigesetz ist beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingelangt, das Vorverfahren wurde bereits eingeleitet, erklärte VfGH-Sprecher Christian Neuwirth am Donnerstag gegenüber der APA. Wann eine Entscheidung fällt, sei noch nicht abschätzbar.

Der Gerichtshof befasst sich in seiner laufenden Frühjahrssession - sie dauert noch bis 17. März - mit mehreren Beschwerden gegen mit dem Fremdenrechtspaket verschärfte Fremden- und Asylregelungen. Der aktuelle Antrag des VwGH auf Gesetzesprüfung ist freilich noch nicht darunter - weil ja das Vorverfahren eben erst begonnen wurde und der Bundesregierung ausreichend Zeit zu einer Stellungnahme gegeben werden soll, so Neuwirth.

VwGH: Neue Variante der Schubhaft aufheben

Zuvor hatte der Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, die 2005 eingeführte neue Variante der Schubhaft und damit den betreffenden Paragrafen des Fremdenpolizeigesetzes aufzuheben. Konkret geht es darum, dass Fremde auch schon in Schubhaft genommen werden können, wenn anzunehmen ist, dass ein Asylantrag "mangels Zuständigkeit Österreichs" zurückgewiesen wird.

"Mangels Zuständigkeit Österreichs" können Asylanträge zurückgewiesen werden, wenn gemäß dem Dubliner Übereinkommen ein anderes als "sicher" erachtetes Land zuständig wäre - ein Antragsteller also über ein solches Land nach Österreich einreiste.

In dem VwGH-Anlassfall ist es ein Russe, der ein tschechisches Visum und den Grenzkontrollstempel "zu Polen" in seinem Pass hat. Damit liegt ein "Dublinbezug" zu Polen und Tschechien vor. Der Russe bekam zwar eine Aufenthaltsberechtigungskarte, wurde aber in Schubhaft "zur Sicherung des Verfahrens" genommen - mit der Begründung, dass wegen des "Dublinbezugs" eine Ablehnung des Asylantrages sowie Zurückschiebung, Abschiebung oder Ausweisung zu erwarten sei. Der Unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreichs schloss sich dieser Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmünd an und wies die Schubhaftbeschwerde ab.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Die Behörden beriefen sich auf den unter der schwarz-orangen Regierung geschaffenen Par. 76 Abs. 2 Ziffer 4 Fremdenpolizeigesetz. Gegen diesen hat der VwGH verfassungsrechtliche Bedenken. Denn laut Menschenrechtskonvention wäre eine Schubhaft erst bei einem "schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren" zulässig. Zumindest müsste sich die zuständige Behörde bereits artikuliert haben, meint der VwGH.

Laut Par. 76 Abs. 2 Ziffer 4 reiche aber eine "Prognose" der Fremdenpolizei, dass die Asylbehörde den Antrag zurückweisen werde. Von einem "schwebenden Ausweisungsverfahren" könne also keine Rede sein. Somit verstoße die Bestimmung gegen die EMRK und das Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit. Diese Auffassung habe übrigens in der Begutachtung zum Fremdenrechtspaket auch schon der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes geteilt, betont der VwGH in seinem Beschluss. (APA)