Bagdad - Hunderte irakische und US-Soldaten haben am Sonntag das Schiitenviertel Sadr-City in Bagdad durchkämmt. Auf Widerstand stießen sie offenbar nicht: Die Bewohner hätten sich zur Kooperation bereit erklärt, sagte der Bürgermeister einer der beiden Bezirke von Sadr-City, Rahim el Daraji, der Nachrichtenagentur AFP. Die Soldaten errichteten Straßensperren und durchsuchten den Bezirk Jamila Haus für Haus.

In der kommenden Woche wollen US-Soldaten zusammen mit den irakischen Streitkräften ein Koordinierungszentrum in Sadr-City eröffnen, der Hochburg der Mehdi-Armee des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr. Der Einzug von US-Truppen in das Viertel im Nordosten der irakischen Hauptstadt, in dem mehr als zwei Millionen Menschen leben, stellt einen Testfall für den neuen Sicherheitsplan für Bagdad dar, mit dem seit Mitte Februar die Ordnung in der von hauptsächlich religiös motivierter Gewalt erschütterten Stadt wiederhergestellt werden soll.

Nach der Ankündigung der Offensive haben etliche hochrangige Mitglieder der Schiitenmiliz das Viertel verlassen. Muktada al-Sadr selbst soll im Iran sein, was dort jedoch bestritten wird.

Offensive "bis in die letzten Winkel"

Die irakische Regierung hatte zuvor am Sonntag den Aufständischen mit einer Offensive "bis in den letzten Winkel" des Landes gedroht. Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte am bei einer Versöhnungskonferenz zudem weitere politische Schritte an, um Recht und Ordnung im Land zu stärken.

Die Regierung biete den Aufständischen Frieden und Dialog an. Sollten die Rebellen darauf nicht eingehen, werde sie das Recht durchsetzen, sagte Maliki bei der Konferenz im Vorfeld des internationalen Treffens, bei dem am kommenden Wochenende neben Syrien und Iran auch die USA und eventuell der G-8-Vorsitzende Deutschland über eine Stabilisierung des Iraks beraten wollen. "Wir bieten in der einen Hand einen grünen Olivenzweig an, in der anderen Hand bieten wir das Recht", sagte Maliki.

Die vor drei Wochen angelaufene Sicherheitsoffensive richtet sich seinen Worten zufolge gegen diejenigen, "die die Sprache der Versöhnung und des Dialogs ablehnen und die darauf bestehen, dass die Vergangenheit wiederhergestellt wird". Die Offensive habe in Bagdad begonnen, "und wird jeden Zentimeter irakischen Bodens erreichen".

Vorwurf der Einseitigkeit

Sunnitische Anführer werfen dem schiitischen Regierungschef Einseitigkeit vor und haben wiederholt den Verdacht geäußert, er gehe vor allem gegen die Sunniten im Land vor, die unter dem gestürzten Saddam Hussein an der Macht waren. Unter US-Druck hat Maliki zugesagt, genauso entschlossen gegen schiitische Milizen vorzugehen. Die Offensive von irakischer und US-Armee unter dem Namen "Das Recht durchsetzen" soll den Kreislauf der Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten stoppen, der in einen Bürgerkrieg auszuarten drohte.

Der Ministerpräsident kündigte unterdessen eine Kabinettsumbildung an. Er werde die neuen Minister "entweder diese oder nächste Woche" bekannt geben und auch die Aufteilung der Ministerien ändern, sagte Maliki auf einer Pressekonferenz. Maliki hatte von einem solchen Schritt bereits Anfang November gesprochen, "um allen Ministern das Signal zu geben, dass sie ersetzt werden können, wenn sie nicht erfolgreich sind".

Luftangriff

Auch vier Jahre nach dem US-Einmarsch krankt die politische Entwicklung des Landes an Vetternwirtschaft und einer grassierenden Korruption, die für die anhaltende Gewalt mit verantwortlich gemacht werden. Besonders umstritten ist der schiitische Einfluss auf Innenministerium, Polizei und Armee.

Das US-Militär griff eigenen Angaben zufolge in der Umgebung von Bagdad unter anderem ein Versteck der radikal-islamischen Al-Kaida aus der Luft an und tötete dabei mindestens sieben Rebellen. Drei US-Soldaten kamen in Bagdad ums Leben, weil ein an der Straße gelegter Sprengsatz explodierte. In der Hauptstadt wurde zudem der leitende Redakteur einer unabhängigen Tageszeitung vor seinem Haus erschossen, als er sich gegen eine Entführung wehrte. Bei einem Selbstmordattentat auf einen Kontrollpunkt der Polizei wurden in Ramadi westlich von Bagdad zwölf Menschen getötet. (APA/Reuters)