Der Stephansplatz in Wien: Fußgängerzone seit den 70er-Jahren.

Foto: derStandard.at/Putschögl
Die Fußgängerzone war bei Geschäftsleuten einst sehr gefürchtet. Sie sahen eine direkte Verbindung zwischen Autoverkehr und Umsatz. Heute ist die "Fuzo" ganz im Gegenteil der Geldbringer der Innenstadt: Sie gehört den Touristen und gilt als Inbegriff von Urbanität.

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Die ersten Fußgängerzonen entstanden im Zuge des Wiederaufbaus in deutschen Städten. Die so genannte Treppenstraße in Kassel wird seit ihrem Entstehungsjahr 1953 gemeinhin als erste Fußgängerzone Deutschlands bezeichnet. Begleitet wird die terrassierte Achse, die durch die zerstörte Stadt führt, von neu erbauten Ladenzeilen.

Andere europäische Länder folgten dem deutschen Vorbild auch im historischen Bestand. So gilt die Transversale durch die Kopenhagener Innenstadt namens Strøget, entstanden in den Sechzigerjahren, als längste Fußgängerzone der Welt. Parallel zur europäischen Entwicklung wurde die fußläufige Downtown sogar schon in den USA ein Thema. Victor Gruen, 1938 aus Wien emigriert, sollte nicht nur als "Erfinder der Shopping-Mall" berühmt werden. Als innerstädtische Entsprechung zum Einkaufszentrum propagierte Gruen die Wiederbelebung der Downtown durch Fußgängerzonen, Zufahrtsstraßen und Garagenbauten. Doch im Unterschied zu Europa sollten die amerikanischen Fußgängerzonen Episode bleiben. Durch das Fernhalten des Pkw-Verkehrs - zentraler Kritikpunkt an Fußgängerzonen auch in Europa - wurden die US-Beispiele zum Misserfolg. Von ursprünglich mehr als 200 Planungen bestehen in den USA heute noch bescheidene dreißig Fußgängerzonen.

Wien folgte in den Siebziger Jahren

In den Siebzigerjahren, als die Kritik am modernen Stadtumbau und die Wiederentdeckung der historischen Stadt immer weitere Kreise zogen, folgte auch Wien nach. Im Anschluss an den U-Bahn-Bau wurden Graben und Kärntner Straße in Fußgängerzonen umgewandelt - wiewohl gegen anfänglich massiven Widerstand der lokalen Geschäftseigentümer. Die Architekten Wilhelm Holzbauer sowie Traude und Wolfgang Windbrechtinger gestalteten die Freiräume mit Natursteinplatten und sahen die Pflanzung einer Lindenreihe mit kreisförmigen Sitzbänken und neuer Beleuchtung vor.

Seit 1974 entwickelte sich die Fußgängerzone ganz entgegen den Anrainerängsten ökonomisch prächtig und wurde zum zentralen Touristenmagneten innerhalb der Stadt. Viele der gestalterischen Entscheidungen aus den Siebzigerjahren sind allerdings mittlerweile wieder rückgängig gemacht worden. So ersetzte man die technoiden Aluminiumleuchten durch historisierende Exemplare, die Bänke wurden umgebaut, und ein Brunnen mit dem Spottnamen "Grabmal des unbekannten Fußgehers" entfernt. An seine Stelle traten drei Wasserskulpturen von Hans Muhr.

Die Zukunft der Fuzo

Aktuell ist eine grundlegende Sanierung der zentralen Wiener Fußgängerzonen nach dem EURO-Jahr 2008 im Gespräch. Gestritten wurde zwar schon über die Finanzierung, die Frage der Gestaltung wurde bisher allerdings kaum diskutiert: Soll die mehr als dreißig Jahre alte Planung rekonstruiert werden? Soll es eine neue Gestaltung geben? Und wenn ja: Wird dafür ein Wettbewerb ausgeschrieben? Oder ist gar eine so genannte "Amtsplanung" vorgesehen?

Ein jüngeres Beispiel für die Gestaltung einer Fußgängerzone realisierten die Architekten von AllesWirdGut 2003 in Innichen, Südtirol. Sie versuchten, die Aufgabenstellung nicht durch konventionelle Stadtmöblierung zu lösen. Friedrich Passler von AWG meint: "Unser Vorschlag war eine Entwicklungsstrategie für den Freiraum, die bereits vorhandene Aufenthaltsqualitäten verstärken sollte." Auch im Zentrum von Innichen ist dieses Areal vor allem Touristenbereich und damit außerhalb der Saison nur mäßig genützt. Durch veränderbare Elemente sollte die Nutzung darauf reagieren können. Die Holzroste der Schanigärten werden außerhalb der Saison zu Blumenbeeten, leere Platzmulden zu Wasserbecken, die vorrangig Kinder zum Spielen einladen.

Die Natur in der Stadt

So kommt bei geringerer Nutzungsdichte die Natur zurück ins Dorf. Ein aktuelles Fußgängerzonenprojekt von AWG ist die Maria-Theresien-Straße in Innsbruck, die Realisierung erfolgt in den kommenden Jahren. Selbst wenn sich die Rahmenbedingungen grundsätzlich unterscheiden, bleibt doch ein zentraler Planungsansatz gleich. Auch hier soll die Neugestaltung nicht nur in Stadtmöblierung bestehen, sondern soll den Kontext in seiner Qualität heben. Vielleicht kann sich ja an moderner Freiraumplanung auch Wien ein Beispiel nehmen. (Robert Temel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4.3.2007)