Boston/Toronto - Die Mammographie zählt zu den wichtigsten Früherkennungsmaßnahmen gegen Krebs. Aber ein Risikofaktor wurde bisher bei der Brustkrebs-Vorsorge vernachlässigt: Frauen mit sehr dichtem Brustgewebe haben einer Studie zufolge ein fast fünf Mal höheres Brustkrebs-Risiko als solche, deren Brustgewebe einen hohen Fettanteil hat.

Ein Zusammenhang zwischen Gewebedichte und Brustkrebsrisiko wurde schon seit 1976 diskutiert. Aber bisher gingen ForscherInnen eher davon aus, dass dichtes Gewebe einen Tumor lediglich verdeckt. Der Grund dafür: In der Mammographie sieht Fett dunkel aus, während dichtes Gewebe hell ist, ebenso wie ein Tumor.

Unglaubliches Maß an Ignoranz

Nun zeigt eine kanadische Studie eindeutig, dass dichtes Brustgewebe nicht nur die Diagnose eines Tumors erschwert, sondern davon unabhängig auch ein eigener Risikofaktor ist, ebenso wie hohes Alter oder eine genetische Veranlagung. In Beratungsgesprächen zwischen Ärztinnen/Ärzten und Patientinnen kam dies bisher kaum zur Sprache. "Das ist in einem absolut unglaublichen Maß ignoriert worden", sagt Untersuchungsleiter Norman Boyd vom Princess Margaret Hospital in Toronto.

Keine Früherkennung selber möglich

Die Dichte des Brustgewebes steigt, wenn das Organ mehr Bindegewebe, Milchdrüsen und Milchgänge und weniger Fett enthält. Dies kann eine Frau selbst nicht erkennen, erst eine Mammographie gibt darüber Aufschluss.

Die Studie untersuchte mehr als 2.200 Frauen über einen Zeitraum von acht Jahren. Der festgestellte Trend war eindeutig: Je höher die Dichte, desto größer das Risiko. Frauen mit dem dichtesten Brustgewebe haben eine fast fünf Mal höhere Erkrankungswahrscheinlichkeit als jene mit besonders lockerem Gewebe.

16 bis 26 Prozent aller Brustkrebserkrankungen

Zusätzlich prüften die MedizinerInnen, wie viele Tumore erst in späteren Jahren entdeckt wurden. Und tatsächlich waren viele Geschwulste bei früheren Mammographien schon sichtbar, wurden jedoch nicht erkannt, weil sich der helle Tumor kaum von dem ebenfalls hellen dichten Brustgewebe abhob. Aber zusätzlich ergab die Studie einen Zusammenhang zwischen Brustdichte und Krebsgefahr. "Ich glaube, der verdeckende Effekt tritt auf und ist wichtig", sagt die Ärztin Karla Kerlikowske aus San Francisco. "Aber das Wichtigste ist, das dies ein unglaublicher Risikofaktor ist. Das macht wahrscheinlich eine großen Anteil an den auftretenden Krebserkrankungen aus." Die kanadische Studie ergab, dass eine hohe Gewebedichte von über 50 Prozent 16 Prozent aller Brustkrebserkrankungen ausmacht, bei Frauen unter 56 Jahren sogar 26 Prozent. (APA/AP)