New York - Auf die außenpolitische Rolle der nationalen Parlamente hat Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am Donnerstag bei der Frauentagung am UNO-Sitz in New York hingewiesen. Hauptthema der bis 6. März laufenden zweiwöchigen Tagung ist Gewalt gegen Mädchen, mit dem sich am Donnerstag auch ein Parlamentarierinnentreffen beschäftigte.

In ihrer Rede wies die Vorsitzende des Gleichberechtigungsausschusses, Gabriele Heinisch-Hosek, darauf hin, Österreich habe eine Vielzahl von Maßnahmen zum Schutz gegen Gewalt an Kindern insbesondere Mädchen bereits implementiert. Auch im Bildungsbereich werde mit Hilfe von Selbstverteidigungskursen und Informationskampagnen Aufklärungsarbeit geleistet, sagte sie.

Hilfsstrategien bei FGM

Im Gespräch mit Journalistinnen/Journalisten sprach Prammer das Problem der Genitalverstümmelung an, das Statistiken zufolge weltweit 150 Millionen Opfer zählt. Dieses Thema müsse in die Bevölkerungen hineingetragen werden und hier wiederum könnten Parlamente mehr ausrichten als Regierungen. "In Österreich wissen heute breite Mengen, was man unter Genitalverstümmelung versteht, selbst die Abkürzung FGM (female genital mutilation) ist bekannt", sagte sie. Prammer wies darauf hin, dass FGM-Opfer in Österreich Anspruch auf Asylrecht hätten und bedauerte, dass die UNO-Flüchtlingskommission in vielen Ländern nicht so interpretiert werde. Es sei Sache der Nationalstaaten, dies so zu interpretieren.

Bei ihrem für Freitag geplanten Termin mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon werde sie die angekündigte neue Struktur der UNO diskutieren und ihm die österreichische Position erklären. Es sei wichtig, Garantien zu schaffen, dass alle von der UNO gesetzten Maßnahmen auch auf Frauen und Mädchen Rücksicht nehmen.

Weibliche Stellvertreterin "gutes Signal"

Prammer begrüßte die Berufung einer Frau zur stellvertretenden Generalsekretärin, nämlich Asha-Rose Migiro aus Tansania. Sie hätte mit ihr vereinbart, die Einberufung einer auf parlamentarischer Ebene in Europa zum Thema Kindersoldatinnen für 2008 ins Auge zu fassen. Bans Berufung einer Stellvertreterin sei ein "gutes Signal", doch die Endbewertung könne erst durchgeführt werden, wenn man wisse, wie die Geschlechterfrage gelöst werde. Hier müsse Ban Unterstützung erhalten.

Keine Zusammenlegung

Von der von Bans Vorgänger Kofi Annan angekündigten Zusammenführung der drei wichtigsten Frauenorganisationen hält Prammer nichts. Die Aufgabenverteilung sei geglückt. Worauf es ankäme, sei die Berufung einer beigeordneten Generalsekretärin mit Zuständigkeit für Frauenangelegenheiten, vergleichbar mit einer Frauenministerin. Sie müsste das volle Vertrauen des Generalsekretärs haben. Dafür werde sie sich im Gespräch mit dem Generalsekretär einsetzen. "Ich denke, das wird von mir als Präsidentin erwartet. Ich glaube nicht, dass allzu viele Präsidenten sich mit ihm treffen wollen, um dieses Thema zu diskutieren", sagte sie.

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In ihrer Rede bei der IPU-Konferenz begrüßte Prammer die wachsende Rolle der Frau im politischen Leben. In dem Maße, als die Zahl politisch aktiver Frauen zunähme, müssten sie ernst genommen werden und dies könne politische Veränderungen bewerkstelligen, sagte sie. Genau das sei die Strategie an der Schwelle des dritten Jahrtausends.

Sie, Prammer, sei in Österreich die erste Frau, die die Präsidentschaft des Parlaments innehabe und nur einer der zwei Vizepräsidenten sei ein Mann, betonte sie auch anschließend bei einer Pressekonferenz der Interparlamentarischen Union (IPU). International seien jedoch nur 35 der 189 Parlamentspräsidentinnen/-präsidenten (13,4 Prozent) weiblich.

Die Frauenpräsidentin als Rollenmodell war das Thema der IPU-Konferenz am Donnerstag. Prammer sagte, in ihrer Eigenschaft als Nationalratspräsidentin werde sie alles unternehmen, die politischen Anliegen der Frauen zu fördern und jedes Mal dann ihre Stimme zu erheben, wenn Frauen innerhalb der Gesellschaft benachteiligt würden. In Österreich käme es darauf an dafür zu sorgen, dass Frauen, die etwa die Hälfte der MitarbeiterInnen des Nationalrates ausmachten, gegenüber ihren männlichen Kollegen gleichgestellt seien. Dies gelte auch für Frauen im Parlaments. Prammer: "Als Sprecherin habe ich die Möglichkeit, oder besser gesagt die Macht, dies zu erreichen."

Größere Transparenz

Ferner werde sie sich für Gleichberechtigung der Geschlechter im Europäischen Parlament einsetzen, das über einen 120 Milliarden Euro schweren Haushalt verfüge. "Ich bin davon überzeugt, dass Frauen in einflussreichen Positionen stärker unter die Lupe genommen werden als Männer", sagte sie. "Ich bin bereit, diese Herausforderung beim Schopf zu packen." Größere Transparenz werde die Chancen für politisch ambitionierte Frauen verbessern helfen, sagte sie. Dies werde auch die Verbesserung der politischen Einrichtungen fördern und zur Demokratisierung und Verbesserung des politischen Systems insgesamt beitragen. (APA)