Van der Bellen: "Nur heiße Luft"

Foto: Standard/Cremer
Wien - Nachdem man sich in den bisher eineinhalb Monaten nach der Angelobung nebst dem Budget vor allem dem Streiten widmete, sollen bei der ersten Klausur von SPÖ und ÖVP in Linz am Freitag und Samstag nun auch konkrete inhaltliche Projekte auf den Weg gebracht werden. Unter anderem angepeilt wird eine Einigung im Facharbeiter-Konflikt, weiters auf der Agenda stehen Verwaltungsreform-Projekte. Zumindest die Stimmung sollte nun wieder besser sein, nachdem die Budgeteinigung im Rekordtempo unter Dach und Fach ist.

Per Bahn nach Linz

Für Inszenierung nimmt man sich in den gut 26 Stunden, die das Kabinett Gusenbauer I in Linz verbringt, nicht allzu viel Zeit. Ein Empfang am Pöstlingberg-Schlössl, zu dem Landeshauptmann Josef Pühringer lädt, ist der einzige "bunte" Event. Nur bei der Anreise tut man was für die Fotografen. In Zeiten der Klimaschutz-Schwerpunkte reisen auch Kanzler Alfred Gusenbauer, Vizekanzler Wilhelm Molterer und ihre Minister und Staatssekretäre per Bahn an. Auserwähltes Gefährt ist der Eurocity "Maria Theresia".

Beschäftigung und Wachstum

Einmal in der oberösterreichischen Donau-Metropole angekommen, begibt sich die Regierung ins Ars Electronica-Center, um sich am ersten Tag der Klausur ausschließlich dem Thema Beschäftigung und Wachstum zu widmen. Der hohe Besuch schweißt sogar die sonstigen Streithähne der Landespolitik zusammen. Sowohl Landeshauptmann Pühringer als auch SPÖ-Landeschef Erich Haider finden sich ein, um der Regierung einen für alle herzlichen Empfang zu gewähren.

Inhaltlich gilt es am Freitag den Facharbeiterstreit zu lösen. Die ÖVP will die im Regierungsprogramm enthaltene Option nützen, angesichts eines Fachkräfte-Mangels den Arbeitsmarkt für Schweißer, Fräser und Dreher aus den neuen EU-Staaten zu öffnen. Die SPÖ lehnt dies ab und würde eine Ausbildungsinitiative für Arbeitslose aus verwandten Berufen bevorzugen. Herauskommen dürfte ein Mittelweg, war aus der Koalition zu hören, der beide Interessen bedient. Eine Chance auf Umsetzung dürfte auch eine von der SPÖ verlangte höhere Mobilitätsprämie für Arbeitslose haben, die sich in weiter entfernte Regionen vermitteln lassen. Ob die ÖVP im Gegenzug eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen durchbekommt, steht noch in den Sternen.

Aber auch andere Fragen im Beschäftigungsbereich harren noch der koalitionären Klärung, etwa die Ausgestaltung des Blum-Bonus, einer speziellen Lehrlingsförderungsprämie. Hier möchte die SPÖ eine stärkere Fokussierung auf Branchen, in denen Lehrlingsmangel herrscht und etwa den Tourismus ausgrenzen. Dies wird von der ÖVP derzeit abgelehnt. Was bei den Beratungen herauskommt, wird in zwei Pressekonferenzen, einer zu Mittag und einer am Abend, kundgetan.

Projekte zur Verwaltungsreform

Der zweite Tag der Klausur widmet sich dann der Verwaltungsreform. Die einzelnen Ressorts werden ihre Projekte präsentieren, wie man zu mehr Effizienz in der öffentlichen Verwaltung kommen könnte. Den großen Wurf bei der Staatsreform gibt es in Linz dafür mit Sicherheit nicht. Die dafür eingesetzte Arbeitsgruppe hat nämlich erst einmal getagt und wird daher wohl kaum größeren Input bieten können.

Ministerrat am Samstag

Abgeschlossen wird die Tagung mit einem Ministerrat Samstag Mittag, der jenen von vergangenem Mittwoch und jenem von kommendem Mittwoch ersetzt. Beschlossen wird darin die Schaffung einer inter-parlamentarischen Kommission mit Tschechien in Sachen Temelin.

Van der Bellen: Regierung wird "nur heiße Luft beschließen"

Nur "die gleichen Luftblasen wie bisher" erwartet Grünen-Chef Van der Bellen von der bevorstehenden Regierungsklausur. Am Bildungsnotstand, an der Situation bei der Pflege, im Integrationsbereich werde sich nichts ändern, "ganz zu schweigen vom Klimaschutz". SPÖ und ÖVP werden in Linz wohl "nur heiße Luft beschließen", meinte Van der Bellen am Donnerstag.

"Bildungsmisere"

Van der Bellen bekräftigte vor allem seine Kritik an der Bildungspolitik: Das Regierungsprogramm dazu sei nur eine "Mogelpackung" mit zwar vielen guten Absichten, aber ohne finanzielle Bedeckung. Das vereinbarte Budget für 2008 werde "sicherlich nicht" reichen, um die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen oder eine ausreichende Sprachförderung zu finanzieren.

So erwartet Van der Bellen, dass sich die "Bildungsmisere" fortsetzen wird. Es gebe keinen Unterschied zwischen der alten "Schüssel-Gehrer-Grasser-Politik" und der neuen "Gusenbauer-Schmied- Molterer-Politik".

Internierungslager: "Unakzeptable Idee"

An die alten Zeiten erinnert fühlt sich Van der Bellen auch angesichts der jüngst vom Tiroler Landeshauptmann Van Staa bekräftigten Forderung, straffällig gewordene Asylwerber in Internierungslagern unterzubringen. Dies sei eine "unakzeptable Idee". Van der Bellen würde sich von Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer erwarten, dass sie diese Idee "umgehend öffentlich" zur "Schnapsidee" erklären. (APA)