Michael Dewitte: "2013 ist Wagner-Jahr - wir spielen mit der Idee, einen ,Parsifal' zu machen."

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STANDARD: "Zurück zu den Wurzeln" heißt es heuer bei den Salzburger Osterfestspielen. Beginnt mit "Rheingold" und dem "Ring" ein neuer Wagner-Schwerpunkt?

Michael Dewitte: Herbert von Karajan wollte Wagner machen, schon 1967 kam die Walküre heraus. Es ist tatsächlich eine "Rückkehr", wenn wir vierzig Jahre später einen Ring realisieren. Sir Simon Rattle hat mit einem Repertoire außerhalb des Mainstreams, mit Brittens Peter Grimes oder Debussys Pelléas et Mélisande, erste Akzente gesetzt. Der Ring des Nibelungen, der bis 2010 angesetzt ist, ist auch für ihn ein großes Projekt. 2013 ist dann ein Wagner-Jahr. Und wir spielen mit der Idee, einen Parsifal zu machen. Aber es wird auch künftig die ganze Bandbreite des Repertoires geben.

STANDARD: Fühlen Sie sich mit Wagner finanziell auf der sicheren Seite?

Dewitte: Wie weit ist man künstlerisch relevant, wenn man nur ein Repertoire "auf der sicheren Seite" anbietet? Natürlich wird Wagner sehr gut angenommen. Die Menschen sind gespannt darauf, Wagner unter Sir Simon zu hören. Die Bestellungslage ist hervorragend, es gibt bereits längere Wartelisten. Wir haben aber auch in den Konzerten einen besonderen Qualitätsanspruch, um die Menschen nach Salzburg zu ver-führen.

STANDARD: Wie ist die finanzielle Situation der Salzburger Osterfestspiele?

Dewitte: Wir sind in der Endrunde positiv verlaufender Gespräche mit Stadt und Land Salzburg, auch mit Landeshauptfrau Burgstaller. Wir haben ja das Handicap, dass Karajan alles selbst finanziert hat. Bisher hat die öffentliche Hand etwa zwei Prozent zu unserem Gesamtbudget beigesteuert. Das ging nur auf, weil unsere Künstler oft auf Honorare verzichtet haben ... Wir haben jetzt um eine Subventionserhöhung auf zehn Prozent ersucht.

STANDARD: Die Logos der Nippon Foundation, von VW, Vontobel und der Wiener Städtischen findet man auf Ihrer Homepage. Welche Bedeutung haben Sponsoren für die Osterfestspiele?

Dewitte: Vor zehn Jahren war der Beitrag von Partnern noch sehr marginal. Heute kommen 15 Prozent des Gesamtbudgets von unseren Sponsoren. Wir streben zwanzig Prozent an, also ein Fünftel des Gesamtbudgets. Wir haben das Glück, Sponsoren zu haben, die die Institution verstehen, das Festival respektieren und keinen Einfluss nehmen wollen. Zudem sind über neunzig Prozent unserer Abonnenten Mitglieder im Förderverein - mit dreitausend Mitgliedern aus zwanzig Ländern weltweit.

Wenn man im Basiskonzept von Sponsoren abhängig ist, wird es schwierig. Wir finanzieren mit unseren Sponsormitteln Sonderprojekte wie etwa die Jugendarbeit.

STANDARD: Die Jugendarbeit ist Sir Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern ein großes Anliegen.

Dewitte: Die Jugendarbeit ist in Berlin inzwischen eines der Aushängeschilder der Ära Simon Rattle. In Salzburg werden heuer rund 1800 Jugendliche an Projekten zum Rheingold teilnehmen. Ich will nicht, dass die jungen Leute unvorbereitet einfach in einer Orchesterhauptprobe sitzen und womöglich zu Opernhassern werden.

Seit 13 Jahren arbeiten wir mit Akzente Salzburg zusammen. In unterschiedlichsten Workshops und Veranstaltungen wollen wir einen kreativen Austausch anregen. Indirekt werden auch Berufsperspektiven eröffnet: Wenn in Führungen oder Werkstattbesuchen der technisch-handwerkliche Aspekt des Betriebs zur Sprache kommt, erfahren die Jungen: "In der Oper arbeite ich nicht nur, wenn ich Spitzenmusiker bin."

STANDARD: Das "Rheingold" - bzw. der "Ring" - ist eine Koproduktion mit Aix-en-Provence. Wie kommen Kooperationen zustande? Wer sind künftige Partner?

Dewitte: Die Basis ist das gemeinsame Sich-Einigen auf ein Repertoire und ein Leading Team. Auch die technischen Rahmenbedingungen müssen stimmen. Es macht keinen Sinn, wenn die Bühnen nicht kompatibel sind. Die Bühne des Großen Festspielhauses ist 32 Meter breit, die meisten Bühnen hören bei 14 Metern auf. Für 2011 ist eine Kooperation mit den Salzburger Festspielen geplant.

Eine Kooperation mit den Werkstätten und dem Personal der Festspiele ist ja jetzt Standard. Im Repertoire gelingt das nicht jedes Jahr.

STANDARD: "Werke von Wagner", "Wagneristische Werke" und "Gegen Wagner" thematisieren in diesem Jahr "Kontrapunkte"-Konzerte.

Dewitte: Die "Kontrapunkte" sind diesmal eine Ergänzung zu der Opernproduktion und auch eine Auseinandersetzung mit Wagner. Sie bringen kammermusikalische Werke von Komponisten, die sich mit Wagner beschäftigt haben, weil sie ihn geliebt oder gehasst haben. (Heidemarie Klabacher /SPEZIAL/ DER STANDARD, Printausgabe, 01.03.2007)