Ingolstadt - Vor dem Audi-Forum am Standort der Konzernzentrale im bayrischen Ingolstadt steht die verfügbare Modellpalette. Mehrere Schulklassen sind auf Besuch und drängen sich jedoch nur um einen Wagen, Journalisten mischen sich darunter. Nicht um den A3-Turbodiesel, der lediglich 119 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Sondern um den weißen 640-PS-Sportwagenkeil der Audi-Tochter Lamborghini namens Murceliago, der schlanke 500 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer in die Atmosphäre bläst.

Im Audi-Forum selbst findet indessen die Pressekonferenz zur Bilanz 2006 statt. Audi bleibt die Cashmaschine für den VW-Konzern. Der Gewinn stieg überproportional, die Umsatzrendite von 6,2 Prozent ist zwar noch nicht so hoch wie bei BMW oder gar Porsche, aber ziemlich herzeigbar. Und sie soll bis zum Ende des Jahrzehnts in Richtung acht Prozent steigen. Erreicht wurden die finanziellen Erfolge unter anderem deswegen, weil Audi mehr teurere Autos wie den Fünfmeter-Geländewagen Q7 verkauft hat und dazu noch mehr Zusatzausstattung anbringen konnte.

Die Klimadebatte nervt die Audi-Chefs deswegen sichtlich. Ein Audi-Kleinwagen wird zwar künftig wieder gebaut werden, der seit Jahres beginn amtierende neue Vorstandschef Rupert Stadler machte aber klar: "Einen Flottenausstoß von 120 Gramm wird es bei Audi nicht geben. Wir können die Physik nicht betrügen."

Die EU-Kommission will den europäischen Herstellern ab 2012 einen solchen Durchschnitt verordnen. Audi stelle sich, so Stadler, selbstverständlich Themen wie Gewichtsreduzierung oder Motoreneffizienz. Aber: "Brüssel soll es sich dreimal überlegen, ob es uns ärgern will. Wenn man die Top-50-Modelle der deutschen Premiumhersteller aus dem Markt nehmen würde, könne man durchschnittlich 1,5 Gramm CO2 gewinnen. Aber eine ganze Industrie kaputtmachen", sagte Stadler.

Zur "Hybrid-Euphorie" rund um die Elektro- und Verbrennungsmotoren kombinierenden Fahrzeuge des japanischen Konkurrenten Toyota sagte der Bayer, der den neuen VW-Chef Martin Winterkorn an der Audi-Spitze ablöste: "Dass Hybrid besser als der Rest ist, ist Humbug. Wir erreichen mit neuer Dieseltechnologie bessere CO2-Werte."

Trotz des Gegenwinds kündigte Stadler am Mittwoch weitere Rekordjahre an. Bis 2015 will er Audi, wie schon von seinem Vorgänger als CEO angekündigt, zur Nummer eins unter den Premiumherstellern machen, sprich: Mercedes und BMW bei den Kennzahlen überholen. Heuer kommen wieder neue Modelle, A5 und S5 – eher keine Musterknaben in Sachen CO2, dafür aber schön gezeichnete Coupés, die unter Schulklassen sicher auch wieder als Showstopper geeignet sein werden. (Leo Szemeliker, Ingolstadt, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 01.03.2007)